Der Dreh mit dem Elektronen-Spin

Testverfahren zur Entwicklung schnellladefähiger Lithium-Ionen-Akkus

07.12.2017 - Deutschland

Lädt man Lithiumionen-Akkus zu schnell auf, scheidet sich an den Anoden metallisches Lithium ab. Dies reduziert Kapazität und Lebensdauer und kann bis zur Zerstörung des Akkus führen. Wissenschaftler des Forschungszentrums Jülich und der Technischen Universität München (TUM) haben nun ein Verfahren vorgestellt, mit dem sich diese Lithium Plating genannten Vorgänge erstmals direkt untersuchen lassen. Grundlegende Fortschritte zur Entwicklung neuer Schnellladestrategien rücken damit in greifbare Nähe.

Forschungszentrum Jülich / T. Schlößer

Testzelle für Lithiumionen-Batterien

Technische Universität München, J. Wandt / Forschungszentrum Jülich, J. Granwehr

Forschungszentrum Jülich / T. Schlößer
Technische Universität München, J. Wandt / Forschungszentrum Jülich, J. Granwehr

Lithium Plating, metallisches Lithium, das sich an der Anode von Lithium-Ionen-Akkus abscheidet, gilt als wichtigster limitierender Faktor für den Ladestrom. Unter den metallischen Ablagerungen leidet die Leistungsfähigkeit der Batterie. In extremen Fällen kann sogar ein Kurzschluss oder Brand entstehen.

Beim Aufladen der Batterie wandern positiv geladene Lithium-Ionen durch den flüssigen Elektrolyten und lagern sich in der porösen Anode aus Graphit ein. Doch je stärker der Ladestrom und je tiefer die Temperatur, desto wahrscheinlicher wird es, dass sich Lithium-Ionen nicht mehr in der Elektrode einlagern, sondern als feste metallische Ablagerungen auf deren Oberfläche anhäufen.

Indirekter Nachweis führt nicht zum Ziel

Obwohl in Grundzügen bekannt, gibt das Phänomen noch viele Rätsel auf. Denn wie und unter welchen Umständen Lithium Plating einsetzt, ließ sich bis jetzt nicht direkt beobachten. „Mit gängigen mikroskopischen Methoden können wir die Batterie nur im Nachhinein untersuchen, weil man sie dafür aufschneiden muss“, erläutert Dr. Josef Granwehr vom Jülicher Institut für Energie- und Klimaforschung (IEK-9). „Dabei finden zwangsläufig weitere Reaktionen statt, die die Ergebnisse verfälschen.“

Selbst hoch entwickelte Verfahren wie die Neutronenstreuung erlauben bislang nur indirekte Analysen. Zudem ist die verfügbare Messzeit an Forschungsreaktoren oder großen Teilchenbeschleunigern knapp. Sie sind damit eher für grundlegende Untersuchungen als für langwierige praxisnahe Versuchsreihen geeignet.

Elektronen weisen den Weg

Das nun vorgestellte Elektronenspinresonanz-Spektroskopie-Verfahren (ESR) lässt sich dagegen – bei moderaten Anschaffungskosten – gut in den Laboralltag integrieren. Die Methode funktioniert ähnlich wie die bekanntere Kernspinresonanz (NMR)-Spektroskopie, zielt aber nicht auf den Kern-, sondern den Elektronenspin ab.

„Die Elektronen werden dabei in einem von außen angelegten statischen Magnetfeld ausgerichtet“, erläutert Granwehr. Anschließend wird die Probe mit Mikrowellen nach ungepaarten Elektronen „abgeklopft“. Diese werden durch Mikrowellen zum Umklappen im Magnetfeld angeregt, was sich anhand der damit verbundenen Schwächung der Mikrowellenstrahlung messen lässt. Dabei ist die ESR in der Lage, zwischen metallischen Lithium-Ablagerungen und in Graphit eingebautem Lithium zu unterscheiden.

Die Testzelle ist der Schlüssel

„Der Schlüssel zum Nachweis von Lithium Plating mittels ESR war der Aufbau einer Testzelle, die kompatibel mit den Anforderungen der ESR-Spektroskopie ist und gleichzeitig gute elektrochemische Eigenschaften aufweist“, erklärt Erstautor Dr. Johannes Wandt. „Wichtig ist auch die Geometrie. Scharfe Messergebnisse sind nur dann zu erzielen, wenn die Probe nur dem magnetischen Feld, nicht aber dem zwangsläufig vorhandenen elektrischen Feld ausgesetzt ist.“

Um dies zu gewährleisten, hat er als Doktorand in der Gruppe von Prof. Hubert Gasteiger am Lehrstuhl für Technische Elektrochemie der TUM eine stäbchenförmige Zelle entwickelt, mit der sich die Bildung von metallischem Lithium direkt und quantitativ exakt nachweisen lässt.

Die richtige Strategie für die Schnelladung

„Mit diesem Verfahren wird es nun erstmals möglich, Lithium Plating und die damit verbunden Prozesse differenziert zu untersuchen, was für eine Reihe von Anwendungen relevant ist“, erläutert Rüdiger-A. Eichel, Direktor am Jülicher Institut für Energie- und Klimaforschung (IEK-9). „Ein Beispiel ist die Entwicklung von sicheren und gleichzeitig schnellen Ladeprotokollen. Mit unserem Verfahren lässt sich jetzt der maximale Ladestrom bis zum Einsetzen des Lithium Plating bestimmen sowie weitere Randbedingungen wie die Temperatur und Einfluss der Elektrodengeometrie ermitteln.“

Darüber hinaus eignet sich Methode als Testverfahren für unterschiedliche Batteriematerialien, etwa zur Entwicklung neuer Additive, mit denen sich der Effekt des Lithium Plating unterdrücken lässt.

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