Neue Technologie zum Speichern von Energie

Chemische statt physikalische Speicher

12.12.2017 - Österreich

Es ist eines der großen technischen Probleme unserer Zeit: Wie kann man Energie effizient speichern und weiterverwenden? Eine mögliche Lösung kommt aus der Chemie. Unter Zufuhr von Energie lässt man eine chemische Reaktion ablaufen, das dabei entstandene Material wird gelagert, bis man die Reaktion rückgängig macht und die gespeicherte Energie dabei in Form von Hitze wieder abgegeben wird. So lässt sich etwa Abwärme in großen Industrieanlagen aufbewahren und später weiterverwenden. Für seine Arbeit an dieser neuen Technologie wurde Christian Knoll (Institut für Angewandte Synthesechemie und Institut für Verfahrenstechnik, Umwelttechnik und Technische Biowissenschaften) mit dem Dr. Ernst Fehrer-Preis der TU Wien ausgezeichnet.

Chemische statt physikalische Speicher

Es gibt viele Möglichkeiten, Wärme zu speichern. „Das einfachste Konzept kennen wir vom Heißwasserspeicher zu Hause, der mit Nachtstrom aufgeheizt wird. Wenn er gut isoliert ist, kann man die Energie tagsüber nutzen – doch ein laufender Verlust ist dabei unvermeidlich“, sagt Christian Knoll. „Auch spezielle physikalische Energiespeicher, bei denen die Kristallisationswärme beim Phasenübergang zwischen fest und flüssig genutzt wird, gibt es bereits – doch chemische Energiespeicher, wie wir sie entwickeln, sind bisher noch nicht verfügbar.“

Dabei ist die Grundidee ganz einfach: Man nutzt eine chemische Reaktion, die nur unter Zufuhr von Energie in Form von Wärme abläuft, speichert die Produkte und lässt die Reaktion zu einem späteren Zeitpunkt umgekehrt ablaufen. „Wir haben lange analysiert, welche Substanzen dafür am besten geeignet wären“, sagt Christian Knoll. „Schließlich konnten wir einige vielversprechende Kandidaten finden, einer davon ist Kalzium-Oxalat Monohydrat.“

Wasser abspalten und wieder hinzufügen

Bei großer Hitze lässt sich von diesem Material Wasser abspalten, übrig bleibt Kalzium-Oxalat. Diese Substanz kann man dann – sofern man es nicht mit Wasser in Berührung bringt – problemlos über längere Zeit aufbewahren. Fügt man dann wieder Wasserdampf hinzu, entsteht Wärme, die man dann wieder nutzen kann. Es ist sogar möglich, die Reaktion bei einer höheren Temperatur ablaufen zu lassen, als man ursprünglich zugeführt hat.

Das könnte ein wichtiger Schritt in Richtung Effizienzsteigerung und Verringerung des CO2-Ausstoßes sein: „Denken wir etwa an eine Ziegelbrennerei, wo man die Abwärme des Brennvorgangs chemisch speichern könnte, bis man sie später wieder braucht – zum Beispiel zum Trocknen der nächsten Charge an Ziegeln.“ Mit verschiedenen Analysemethoden hat Christian Knoll den Prozess genau untersucht. Wesentlich war nicht zuletzt die Frage, ob das Material imstande ist, eine große Zahl von Ladungs- und Entladungsprozessen zu überstehen. Das Ergebnis ist vielversprechend: „Wir konnten über hundert Zyklen ablaufen lassen und haben keine Verschleißerscheinungen festgestellt – nicht einmal unter dem Elektronenmikroskop“, sagt Knoll.

Auch andere Substanzen hat Christian Knoll untersucht, darunter auch Metalloxide. Sie könnten für Solarkonzentrator-Kraftwerke interessant sein, bei denen aus der gebündelten Energie der Sonne elektrischer Strom erzeugt wird. Naturgemäß können solche Kraftwerke immer nur tagsüber Strom liefern – doch mit einer passenden Wärmespeichertechnik ließe sich aus einer Überproduktion an Wärme auch nachts noch Nutzen generieren. Das Energiespeicherpotenzial dieser Technik ist hoch: In einem Kilogramm dieses Materials lässt sich so viel Energie speichern, wie man benötigt, um ungefähr acht Liter Wasser von Zimmertemperatur zum Siedepunkt zu erhitzen.

Fehrer-Preis

Christian Knoll stammt aus Wien, er begann 2008 mit seinem Chemie-Studium an der TU Wien, danach arbeitete er unter Anleitung von Prof. Peter Weinberger und Prof. Michael Harasek an seiner Dissertation. Das Forschungsprojekt „SolidHeat“, an dem verschiedene Forschungsgruppen der TU Wien gemeinsam arbeiten, ist freilich noch lange nicht vorbei: „Wir wissen nun, dass das Grundkonzept funktioniert, jetzt geht es darum, einen passenden, effizienten Reaktor zu entwickeln. Die Arbeiten dafür laufen bereits“, sagt Christian Knoll.

Am 6. Dezember 2017 wurde Christian Knoll vom Rektorat der TU Wien mit dem Dr. Ernst Fehrer-Preis ausgezeichnet. Dieser Preis wurde von Dr. Rosemarie Fehrer gestiftet, der Witwe des Erfinders und Industriellen Dr. Ernst Fehrer. Der Preis wird jährlich für besondere technische Forschungsleistungen mit praktischer Anwendbarkeit vergeben. Überreicht wurde er in diesem Jahr von der Stifterin persönlich.

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