Chemiker nutzen Treibhausgas zur Herstellung eines Wirkstoffs gegen Schlafkrankheit

Mit Flow-Chemie Fluoroform sinnvoll nutzen

19.12.2017 - Österreich

Wie aus einem schädlichen Abfallprodukt ein wertvoller Stoff zur Herstellung wichtiger Medikamente werden kann, zeigen Chemiker der Karl-Franzens-Universität Graz. Univ.-Prof. Dr. C. Oliver Kappe hat mit seinem Team einen Weg gefunden, das starke Treibhausgas Fluoroform, das bei der Teflon-Erzeugung anfällt, mittels Flow-Chemie für die Synthese des Arzneistoffs Eflornithin zu nutzen.

Uni Graz/Pichler

Die Grazer ForscherInnen testeten den von Anton Paar gedruckten Flow-Reaktor. Im 3D-Druck lassen sich Flow-Reaktoren beliebiger Komplexität herstellen, was eine große Kostenersparnis bedeutet.

Damit Fluoroform nicht in die Atmosphäre gelangt, wird es üblicherweise verbrannt. Das kostet zum einen Energie, zum anderen entsteht dabei CO2, was wiederum für unerwünschte Emissionen sorgt. „In dem gemeinsam mit einem Industriepartner entwickelten Flow-Verfahren ist es uns gelungen, Fluoroform einer sinnvollen Nutzung zuzuführen. Wir verwenden es zur Herstellung von Eflornithin, einem bedeutenden Arzneistoff gegen die Schlafkrankheit, der von der Weltgesundheitsorganisation WHO auf die Liste der ,Essential Medicines‘ gesetzt wurde“, erklärt C. Oliver Kappe.

Bei der Flow-Chemie werden die für eine Synthese benötigten Substanzen in einem kontinuierlichen Verfahren durch Reaktionskammern im Milliliterbereich gepumpt, in denen die einzelnen Prozesse nacheinander ablaufen. Extreme Temperatur- und Druckbedingungen können Reaktionen um ein Vielfaches beschleunigen. „Die Flow-Chemie spart im Vergleich zu herkömmlichen Verfahren Zeit und Kosten und ist darüber hinaus oft umweltfreundlicher, weil zwischen den einzelnen Reaktionsschritten keine Abfallprodukte anfallen“, unterstreicht Kappe.

Revolution in 3D

Ihre „grüne“ Synthese verknüpften die Wissenschafter mit einer revolutionären Technik: einem Flow-Reaktor, der in einem 3D-Druckverfahren erzeugt wurde. Das Design des Reaktors haben die Chemiker mit Forschern der TU Graz und der Research Center Pharmaceutical Engineering GmbH (RCPE) – einem Kompetenzzentrum im Eigentum von TU Graz (65 %), Universität Graz (20 %) und Joanneum Research (15 %) – entwickelt und getestet. Die Firma Anton Paar druckte den Reaktor mittels Metall-Laser-Sintern aus Stahlpulver. Die neue Technik überzeugt durch ihre Vorteile: „Durch den 3D-Druck lassen sich Flow-Reaktoren beliebiger Komplexität herstellen, während man mit herkömmlichen Fertigungsmethoden diesbezüglich stark limitiert ist. Das bedeutet zusätzlich eine enorme Kostenersparnis“, zeigt sich Kappe begeistert von den Ergebnissen des Kooperationsprojekts.

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