Max Planck Gesellschaft: Fischen nach Genen

09.03.2001

Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie und britisches Sanger Centre sequenzieren Genom des Zebrafisches / Der "gläserne Fisch" soll helfen, das Zusammenspiel menschlicher Gene zu enträtseln.

Der Entschlüsselung des menschlichen Genoms sowie des Genoms der Maus, des Fadenwurms C. elegans und der Fliege Drosophila soll jetzt auch die Entschlüsselung des Genoms eines weiteren wichtigen Modellorganismus folgen - des Zebrafisches Danio rerio. Für dieses Unternehmen haben sich das Sanger Centre in Cambridge/UK sowie Arbeitsgruppen am Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie in Tübingen, dem Netherlands Institute for Developmental Biology und der Harvard Medical School zusammengeschlossen. Den Hauptanteil der Sequenzierung mittels "shotgun-Technik" übernimmt das Sanger Centre. Die Tübinger Max-Planck-Wissenschaftler haben im Vorfeld bereits eine grobe Genkarte erarbeitet. Die Kenntnis des Zebrafischgenoms wird wesentlich dazu beitragen, die Funktion verschiedener Gene aufzuklären, u.a. jener Gene, die bei der Organentwicklung und beim Herausbilden einfacher Verhaltensmuster eine Rolle spielen. Das Projekt hat im Januar 2001 begonnen und soll vorrausichtlich Ende 2004 abgeschlossen werden.

In den Labors der Zellbiologen ist der Zebrafisch seit Jahren einer der beliebtesten Modellorganismen, wenn es darum geht, die genetischen Grundlagen der Embryonalentwicklung von Wirbeltieren aufzudecken. Wegen ihrer geringen Größe und der großen Anzahl an Nachkommen sind Zebrafische einfach zu halten und zu züchten. Es dauert nur wenige Tage, bis sich aus einem befruchteten Ei ein vollständig ausgebildeter Organismus entwickelt. Ein weiterer Vorteil des Zebrafisches ist, dass die Fischlarven während ihrer frühen Entwicklung durchsichtig sind. Innere Organe, wie das Herz oder das Gehirn, können so am lebenden Organismus untersucht werden. Mit 1,7 Milliarden Bausteinen ist das Zebrafischgenom zudem nur halb so groß wie das des Menschen.

In den vergangenen Jahren haben die Forscher damit begonnen, gezielt Mutationen in Zebrafischen zu erzeugen, die jeweils zu einer abnormalen Embryonalentwicklung führen. So wurde 1993 im Labor von Prof. Christiane Nüsslein-Volhard am Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie ein groß angelegtes Mutageneseprojekt durchgeführt, aus dem mehr als 1.000 Zebrafischmutanten hervorgegangen sind (Development 123, 1-4 December 1996). Diese Fische zeigen die unterschiedlichsten Störungen - während der Frühentwicklung, der Ausbildung der Organe oder bei einfachen Verhaltensmustern. Mit der Sequenz des Zebrafischgenoms können die Wissenschaftler in Zukunft die genetischen Defekte, die diesen Störungen zugrunde liegen, schneller identifizieren und verstehen. Ziel ist es nicht nur, die tatsächliche Lage der Mutationen und Gene auf den Chromosomen zu finden. Die Wissenschaftler wollen darüber hinaus Kenntnis erlangen, wie groß das jeweilige Gen ist und welche Funktion es besitzt. Dies kann zu einem besseren Verständnis auch der menschlichen Entwicklung führen und ist somit für die biomedizinische Forschung insgesamt von Bedeutung. Denn es ist offensichtlich mehr die Architektur (also das Zusammenspiel der Gene), die uns von anderen Lebewesen unterscheidet - und weniger der genetische Code.

Das Sanger Centre, das auch maßgeblich an der Sequenzierung des menschlichen Genoms beteiligt war, wird eine so genannte "shotgun"-Sequenzierung des Zebrafischgenoms durchführen. Dabei wird das Genom in viele kleine Stücke zerteilt. Die Basenfolge dieser Teilstücke wird anschließend mit hohem Durchsatz in den Sequenzierräumen des Sanger Centres in der Nähe von Cambridge entschlüsselt. Die DNA, die vom Sanger Centre verwendet wird, ist von den Tübinger Zebrafisch-Experten bereitgestellt worden.

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