Schimmelpilze sollen Maikäfer im Zaum halten

30.04.2003

Braunschweig (dpa) - Seit einigen Tagen brummt es in einigen Wäldern wieder: Der Maikäfer hat die Erde verlassen. Bis in die 70er Jahre wurde er mit Insektiziden bekämpft und war fast ausgestorben. Keiner konnte mehr Schuhkartons voller summender Käfer sammeln. Doch seit einigen Jahren ist der Blatthornkäfer beziehungsweise seine Vorstadien für Forstleute wieder eine Plage. Der sichtbare Blattfraß der Käfer stört sie wenig. Ein Problem sind jedoch die Larven oder Engerlinge, die jahrelang vor ihrer kurzen Flugzeit die Wurzeln der Bäume schädigen.

Um andere Insekten nicht zu gefährden, dürfen derzeit keine Insektizide eingesetzt werden. Die Biologische Bundesanstalt (BBA/Braunschweig) versucht den Schädling mit einem Pilz beizukommen. Geruchsstoffe sollen die Käfer anlocken, die dann mit dem Pilz infiziert werden, erläuterte Wohlert Wohlers das Prinzip. Der Pilz soll auf die Eier und damit auf die Larven übertragen werden, so dass sie erkranken und schließlich sterben. Ob der Versuch tatsächlich zum gewünschten Ergebnis führt, wird die BBA allerdings erst Jahren sehen.

Hansjochen Schröter von der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg ist auch eher skeptisch. «Biologische Methoden können in einem Garten gut funktionieren, aber auf einer großen Waldfläche ist das schwer hinzubekommen.» Während sich die Vorkommen des Käfers im Norden noch in Grenzen halten, tritt er in Süddeutschland bereits seit den 90er Jahren wieder millionenfach auf. Das wärmere Klima in Verbindung mit den oft sandigen Böden lässt dort Waldmaikäfer besonders gut gedeihen.

Die Käfer haben eine Entwicklungszeit von jeweils vier Jahren. Da die einzelnen Stämme jedoch einen unterschiedlichen Zyklusbeginn haben, können in jedem Jahr andere Regionen stark betroffen sein. Oft beherbergen Wälder mehrere Stämme, so dass in vielen Gebieten je nach Witterung in fast jedem Jahr Maikäfer fliegen.

In diesem Jahr schlüpfen im Hardtwald bei Karlsruhe besonders viele Maikäfer. «100 Millionen Käfer werden es in dem 3500 Hektar großen Wald sein», schätzt Schröter. Im kommenden Jahr sind dort weniger zu vermuten. Nicht nur der Profit der Holzwirtschaft sei gefährdet, um den Wald und damit den Lebensraum vieler Tier- und Pflanzenarten zu schützen, müssen laut Schröter wirksame Strategien zur Bekämpfung des Maikäfers überlegt werden. Großflächiges Spritzen hätte zwar ein umweltfeindliches Image, doch so viele andere Insekten seien um diese Zeit noch gar nicht unterwegs. «Wie bei einer schweren Krankheit, muss man irgendwann die Nebenwirkungen in Kauf nehmen.»

«Beobachtungen der letzten 200 Jahre lassen vermuten, dass Maikäfer eine Populations-Dynamik von 25 bis 40 Jahren haben», sagte Wohlers. Das würde bedeuten, dass die Käfer - ob bekämpft oder nicht - in Abständen von Jahrzehnten schon immer verstärkt auftraten. In einem nicht von Menschenhand bewirtschafteten Wald hätten sie vermutlich die Aufgabe, Platz für neuwachsende Bäume zu schaffen.

Doch nicht nur die Waldmaikäfer, auch die Feldmaikäfer - die zwar als Käfer am Waldrand leben, ihre Eier jedoch auf Wiesen und Felder ablegen - sind nach Beobachtungen der Fachleute wieder verstärkt im Kommen. «Durch die moderne Bodenbearbeitung haben die Larven dort allerdings weniger Überlebenschancen als im Wald», sagte Schröter.

Sollte sich die Käfer weiter so explosiv wie in den vergangenen zehn Jahren vermehren, könnten sie wie früher wieder Platz auf unserem Speiseplan bekommen: Proteinreich sollen sie sein und im Geschmack den Krebsen ähneln.

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