"Der NMR-Spektroskopie das Laufen beigebracht" -

Prof. Heinz Rüterjans wird verabschiedet - ein Rückblick

08.05.2003

FRANKFURT. Der Aufbau eines von drei Europäischen Großforschungseinrichtungen im Bereich der Kernmagnetischen Resonanz-Spektroskopie (NMR) mit Christian Griesinger, die Einwerbung des weltweit ersten 800 MHz-Spektrometers, des weltweit dritten 900 MHz-Spektrometers, der damit erforderliche Ausbau eines neuen NMR-Bereichs, die Etablierung einer Professur für Festkörper-NMR - das sind die wichtigsten Erträge der erfolgreichen annähernd 40-jährigen wissenschaftlichen Karriere von Heinz Rüterjans. Er wurde heute mit einem Kolloquium im Biozentrum verabschiedet, in dessen Rahmen unter anderem Prof. John Markley von der Universität Wisconsin, Madison, USA, zum Thema Vergangenheit und Zukunft der NMR-Spektroskopie sprach.

Für seine Verdienste um die Strukturbiologie von Biomakromolekülen und die Entwicklung neuartiger pharmazeutischer Wirkstoffe wurde Rüterjans vom Wissenschaftlichen Komitee des Instituts für Pathologie und Pathophysiologie der russischen Akademie der Medizinischen Wissenschaften in Moskau die 'A.D. Speransky Gold Medal' verliehen. Er ist der erste ausländische Wissenschaftler, dem diese Auszeichnung zuteil wird.

Rüterjans, so Prof. Harald Schwalbe, Geschäftsführender Direktor des Zentrums für Biomolekulare Resonanz (BMRZ), habe in den 70-er Jahren zu denjenigen gehört, die der NMR-Spektroskopie das Laufen beigebracht hätten. Rüterjans, Bertini, Kaptein, Markley, oder die Nobelpreisträger der NMR-Spektroskopie, Ernst und Wüthrich, hätten Anwendbarkeit und Nützlichkeit der NMR-Spektroskopie für eine Vielzahl von Fragestellungen nachweisen und weiterentwickeln können.

Seinerzeit galt es, zwei Forschungs- und Anwendungsfelder zu erschließen: zum einen die enorme Leistungsfähigkeit der NMR-Spektroskopie für die Analytik von kleinen und mittelgroßen Molekülen zu demonstrieren; zum anderen musste die Anwendung der NMR auf größere Biopolymere wie RNA, DNA oder Proteine etabliert werden.

Für beide Forschungskomplexe gingen wesentliche Impulse, zumal in Deutschland, von der Universität Frankfurt aus; in der Biophysikalischen Chemie von Professur Rüterjans. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts, so Schwalbe, sei die NMR weder aus der Analytik noch aus der Strukturbiologie wegzudenken. Grund genug, gerade an der Universität Frankfurt mit Stolz auf diese Entwicklung zurückzublicken.

Heinz Rüterjans habe in Frankfurt einen gleichermaßen physikalisch-chemischen wie biophysikalischen Ansatz vertreten und kultiviert. Seine Neigung, NMR dort einzusetzen, wo sie einzigartig in der Lage ist, Informationen zur Struktur und zur Funktion von Proteinen zu liefern, sei - so Schwalbe - Themen, die auch 2003 "so herrlich wie am ersten Tag" seien, um mit Goethe zu sprechen.

NMR-Spektroskopie an biomakromolekularen Systemen stehe und falle mit der Verfügbarkeit von Molekülen, in denen Stickstoff und Kohlenstoff mit den nicht-radioaktiven, aber NMR-aktiven Isotopen 15N und 13C angereichert seien. Heinz Rüterjans habe 1978 mit einer bahnbrechenden Arbeit erstmals zur Isotopenmarkierung an Nukleotiden publiziert.

Dieses Thema beschäftigt Prof. Rüterjans bis heute, jetzt mit der Fragestellung, ob eine zellfreie Proteinherstellung möglich ist. Sollte das gelingen, wären spektroskopische Untersuchungen an Proteinen mit nicht-natürlichen Aminosäuren möglich. Das es Rüterjans und seinem Team kürzlich gelungen sei, Membranproteine zellfrei zu exprimieren, sei auf diesem Weg ein erstaunlicher Erfolg.

Gewürdigt wurde auch der Hochschullehrer Rüterjans, der maßgeblich am Aufbau des Studiengangs Biochemie an der Universität Frankfurt beteiligt war. Er begleitete seine Studierenden während ihres Studiums fachlich wie menschlich. Wer Studierende in Prüfungen herausfordere, ohne sie hängen zu lassen, habe ihnen langfristig einen Gefallen getan. Heinz Rüterjans habe das, so wusste Schwalbe aus eigener Erfahrung zu berichten, stets so gehalten.

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