Mediziner: Einsatz von Contergan in Ausnahmefällen legitim
Der Contergan-Wirkstoff Thalidomid sollte nach Ansicht des Orthopäden Prof. Klaus-Dieter Thomann in Ausnahmefällen weiter eingesetzt werden dürfen. Bei lebensbedrohlichen Erkrankungen wie Lepra oder bösartigen Lympherkrankungen sei eine Contergan-Therapie trotz der Risiken für ungeborene Kinder legitim, sagte der Landesarzt für Körperbehinderte in Hessen in einem dpa-Gespräch. Voraussetzung sei allerdings, dass eine Schwangerschaft der Patienten ausgeschlossen werden könne.
Zwischen 1958 und 1962 sind in Deutschland rund 5000 Kinder mit schweren Behinderungen wie zu kurzen Armen und Beinen geboren worden. Ein Teil von ihnen war nicht lebensfähig. Wie sich später herausstellte, hatten ihre Mütter in der Schwangerschaft das rezeptfrei erhältliche Beruhigungs- und Schlafmittel Contergan eingenommen. Thomann ist Mitveranstalter des Symposiums «Die Contergan-Katastrophe - Eine Bilanz nach 40 Jahren» am Samstag in Frankfurt.
«Thalidomid greift in den Zellstoffwechsel ein», erläuterte der Mediziner. Das Medikament wirke bei einigen Krankheiten, bei denen die Zellteilung außer Kontrolle geraten ist. «Wieso sollte man schwer kranke Menschen nicht behandeln, wenn das möglich ist?»
Der Contergan-Skandal ist nach Ansicht Thomanns der größte Bruch in der Medizingeschichte der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts: «Die Contergan-Katastrophe unterhöhlte den Fortschrittsglauben der Nachkriegsgesellschaft», sagte er. Die Gesellschaft habe aus dem Drama gelernt: Die Bedingungen für die Zulassung neuer Arzneimittel seien inzwischen viel schärfer. «In dieser Form kann sich der Contergan-Skandal nicht wiederholen». Gleichwohl gelte: «Wirksame Arzneimittel ohne Nebenwirkungen gibt es nicht. Alle Innovationen sind potenziell gefährlich.»
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