Mit Hilfe eines künstlichen Neuronalen Netzes, das am Lehrstuhl Chemische Reaktionstechnik der BTU Cottbus entwickelt wurde, können Teilprozesse der Pflanzenschutzmittelproduktion bei der BASF Schwarzheide GmbH optimiert werden.
Stavros Papadokonstantakis, externer Promovend aus Griechenland, und Stephan Machefer, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl Chemische Reaktionstechnik bei Prof. Klaus Schnitzlein und selbst vor einem Jahr Absolvent des Diplom-Studiengangs Verfahrenstechnik an der BTU Cottbus, fanden für die Anwendung künstlicher Neuronaler Netze eine neuartige Methode der Variablenauswahl und Datenaufbereitung. Diese diente als Grundlage des verwendeten statistischen Prozessmodells zur Produktionsoptimierung und führte letztendlich im betrachteten Beispielprozess der Pflanzenschutzmittelherstellung bei der BASF Schwarzheide zu einer Ausbeutesteigerung von mehr als 3 Prozent.
Der betrachtete Teilschritt der Pflanzenschutzmittelherstellung stellt sich als sehr komplexe Reaktivkristallisation dar. Diese Komplexität manifestiert sich in einem Reaktionssystem mit zahlreichen Folge- und Parallelreaktionen, dem chemische und thermodynamische Gleichgewichte überlagert sind. Um die Ausbeute des sich herauskristallisierenden Reaktionsproduktes zu maximieren, ist der Einsatz eines künstlichen Neuronalen Netzes als Prozessmodell von Vorteil, denn bei derart komplizierten Vorgängen mangelt es oft noch an grundlegenden Erkenntnissen. Wesentlich für den Erfolg derartiger Modelle ist eine durchdachte Wahl der Modellvariablen wie Temperatur, Katalysatorkonzentration, Lösungsmittelmenge usw. sowie die statistische Aufbereitung der im realen Prozess gemessenen Daten.
Als Resultat der im Jahre 2002 am Lehrstuhl begonnenen wissenschaftlichen Untersuchungen einwickelten die jungen Wissenschaftler ein künstliches Neuronales Netz zur Optimierung der Ausbeute.
"Ein künstliches Neuronales Netz - in seinem Aufbau ähnlich wie ein menschliches Gehirn - ist lernfähig und muss, um diese Möglichkeit nutzen zu können, mit entsprechenden Prozessdaten trainiert werden. Doch, wie auch in der menschlichen Realität, ist ein Lernprozess nur dann erfolgreich, wenn der Lernreiz, das heißt die Information, den entsprechenden qualitativen Gehalt aufweist. Um diesen Erfahrungswert aus dem Alltag auch auf statistische Modelle zu übertragen, haben wir uns also nicht so sehr auf die Struktur des künstlichen Neuronalen Netzes konzentriert, sondern darauf, die Voraussetzung für einen optimalen Lerneffekt durch systematische Variablen- und Datenselektion zu schaffen", erklärt Stephan Machefer.
Die BASF Schwarzheide gehört zu den wichtigsten Industriepartnern des Instituts für Verfahrenstechnik der BTU Cottbus. Drittmittel in Höhe von mehr als 300 000 Euro wurden in den vergangenen Jahren eingeworben. Gemeinsame Forschungsprojekte laufen beispielsweise auch zur Optimierung der Fahrweise von Rektifikationskolonnen und auf dem Gebiet der Aufarbeitung von Polyolen.