Heftige Kritik in Deutschland an Embryonen-Forschung in den USA

13.07.2001

New York/Berlin (dpa) - Die neuen Vorstöße amerikanischer Labors in der Embryonen-Forschung sind in Deutschland auf heftige Kritik gestoßen. Wie am Donnerstag bekannt wurde, will ein amerikanisches Unternehmen menschliche Embryonen klonen, um aus ihnen Stammzellen zu gewinnen. Ein anderes US-Labor hatte am Vortag eingeräumt, Embryonen ausschließlich zur Gewinnung von Stammzellen zu produzieren. Die beiden großen Kirchen in Deutschland warnten davor, die US-Forscher könnten mit ihren Tabubrüchen eine Vorreiterrolle für Deutschland einnehmen. Auch Bundesärztekammer und die Union zeigten sich entsetzt.Die «Herstellung» von Embryonen zu Forschungszwecken in den USA sei «ein höchst alarmierendes Signal», warnte die Deutsche Bischofskonferenz in Bonn. Es zeige, welche verhängnisvolle Dynamik die Stammzellenforschung erreicht habe. «Menschenzucht zu Forschungszwecken ist damit erschreckende Realität geworden.» Embryonen für Forschungszwecke «herzustellen» und zu «verbrauchen» wie Material, widerspreche der unantastbaren Würde jedes menschlichen Lebewesens, die ihm von der Befruchtung an zukomme.«Für die derzeitige Diskussion in Deutschland sollte uns die Entwicklung in den USA Mahnung und abschreckendes Beispiel sein und auch all diejenigen wachrütteln, die bisher die Augen vor solchen Schreckensvisionen verschließen», hieß es weiter. Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) nannte den US-Vorstoß in Hannover «verwerflich und nicht akzeptabel». «Die Entwicklung in den USA verstärkt die Befürchtung, dass auch in Deutschland am Ende so etwas passiert.»Die Bundesärztekammer betonte, die Herstellung von Embryonen zu Forschungszwecken sei nach dem deutschen Embryonenschutzgesetz verboten. «An diesem Verbot darf auch nicht gerüttelt werden.» Der Vorsitzende der Unionsarbeitsgruppe in der Ethik-Enquete-Kommission, Werner Lensing, sprach von einer «neuen Dimension der Eskalation».Der CSU-Fraktionsvorsitzende in Bayern, Alois Glück, kritisierte, der Damm zum Schutz menschlichen Lebens und der Menschenwürde sei erheblich beschädigt. Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) beklagte eine «unheilvolle Verquickung von Forschung und kommerziellen Interessen» und forderte alle Forscher auf, Kontakte zu Wirtschaftsbetrieben offen zu legen. Der Tübinger Moraltheologe Dietmar Mieth sagte der dpa, die «Embryonenernte» sei verwerflich.Nach einem Bericht der «Washington Post» hat die Biotech-Firma Advanced Cell Technology in Worcester (US-Staat Massachusetts) Experimente zum Klonen von Embryonen begonnen. Sie ist das erste Forschungsinstitut der USA, das solche Versuche offen zugibt, schreibt die Zeitung. Vor ihnen hatten sich koreanische Forscher 1998 zu entsprechenden Experimenten bekannt. Ob die Studien der US-Firma bereits zum Erfolg geführt haben, blieb unklar.Ein anderes US-Forschungslabor, das Jones Institut für Reproduktionsmedizin in Norfolk (Virginia) hatte erst am Mittwoch berichtet, dass es Embryonen zu Forschungszwecken produziert.Der ehemalige CDU-Vorsitzende Wolfgang Schäuble wandte sich gegen den in der Bioethik-Debatte vorherrschenden moralischen Rigorismus und kritisierte hier den «Überschuss an moralischer Überlegenheit oder verfassungsrechtlicher Absolutheit» gegenüber anders Denkenden. Mit der Verschmelzung von Ei- und Samenzelle ergebe sich noch keine Festlegung für den Embryonenschutz, betonte Schäuble der «Welt» (Freitag). Mit der Verschmelzung sei nur die genetische Definition des Menschen vollständig. Ohne die Mutter sei ein Mensch aber nicht denkbar. dpa

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