New York/Berlin (dpa) - Die neuen Vorstöße
amerikanischer Labors in der Embryonen-Forschung sind in
Deutschland auf heftige Kritik gestoßen. Wie am
Donnerstag bekannt wurde, will ein amerikanisches Unternehmen
menschliche Embryonen klonen, um aus ihnen Stammzellen zu
gewinnen. Ein anderes US-Labor hatte am Vortag
eingeräumt, Embryonen ausschließlich zur Gewinnung
von Stammzellen zu produzieren. Die beiden großen
Kirchen in Deutschland warnten davor, die US-Forscher
könnten mit ihren Tabubrüchen eine Vorreiterrolle
für Deutschland einnehmen. Auch Bundesärztekammer
und die Union zeigten sich entsetzt.Die «Herstellung» von Embryonen zu
Forschungszwecken in den USA sei «ein höchst
alarmierendes Signal», warnte die Deutsche
Bischofskonferenz in Bonn. Es zeige, welche
verhängnisvolle Dynamik die Stammzellenforschung
erreicht habe. «Menschenzucht zu Forschungszwecken ist
damit erschreckende Realität geworden.» Embryonen
für Forschungszwecke «herzustellen» und zu
«verbrauchen» wie Material, widerspreche der
unantastbaren Würde jedes menschlichen Lebewesens, die
ihm von der Befruchtung an zukomme.«Für die derzeitige Diskussion in Deutschland
sollte uns die Entwicklung in den USA Mahnung und
abschreckendes Beispiel sein und auch all diejenigen
wachrütteln, die bisher die Augen vor solchen
Schreckensvisionen verschließen», hieß es
weiter. Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) nannte
den US-Vorstoß in Hannover «verwerflich und nicht
akzeptabel». «Die Entwicklung in den USA
verstärkt die Befürchtung, dass auch in Deutschland
am Ende so etwas passiert.»Die Bundesärztekammer betonte, die Herstellung von
Embryonen zu Forschungszwecken sei nach dem deutschen
Embryonenschutzgesetz verboten. «An diesem Verbot darf
auch nicht gerüttelt werden.» Der Vorsitzende der
Unionsarbeitsgruppe in der Ethik-Enquete-Kommission, Werner
Lensing, sprach von einer «neuen Dimension der
Eskalation».Der CSU-Fraktionsvorsitzende in Bayern, Alois Glück,
kritisierte, der Damm zum Schutz menschlichen Lebens und der
Menschenwürde sei erheblich beschädigt. Das
Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) beklagte eine
«unheilvolle Verquickung von Forschung und kommerziellen
Interessen» und forderte alle Forscher auf, Kontakte zu
Wirtschaftsbetrieben offen zu legen. Der Tübinger
Moraltheologe Dietmar Mieth sagte der dpa, die
«Embryonenernte» sei verwerflich.Nach einem Bericht der «Washington Post» hat die
Biotech-Firma Advanced Cell Technology in Worcester (US-Staat
Massachusetts) Experimente zum Klonen von Embryonen begonnen.
Sie ist das erste Forschungsinstitut der USA, das solche
Versuche offen zugibt, schreibt die Zeitung. Vor ihnen hatten
sich koreanische Forscher 1998 zu entsprechenden Experimenten
bekannt. Ob die Studien der US-Firma bereits zum Erfolg
geführt haben, blieb unklar.Ein anderes US-Forschungslabor, das Jones Institut
für Reproduktionsmedizin in Norfolk (Virginia) hatte
erst am Mittwoch berichtet, dass es Embryonen zu
Forschungszwecken produziert.Der ehemalige CDU-Vorsitzende Wolfgang Schäuble
wandte sich gegen den in der Bioethik-Debatte vorherrschenden
moralischen Rigorismus und kritisierte hier den
«Überschuss an moralischer Überlegenheit oder
verfassungsrechtlicher Absolutheit» gegenüber
anders Denkenden. Mit der Verschmelzung von Ei- und
Samenzelle ergebe sich noch keine Festlegung für den
Embryonenschutz, betonte Schäuble der «Welt»
(Freitag). Mit der Verschmelzung sei nur die genetische
Definition des Menschen vollständig. Ohne die Mutter sei
ein Mensch aber nicht denkbar. dpa