Autoscheiben aus Kunststoff

16.07.2001

Martin Tanne ist einer der Preisträger des Straubinger Hochschulpreises 2001. Der an der FH Aalen ausgebildete Diplom-Ingenieur (FH) für Kunststofftechnik wurde für die zukunftsweisende Bedeutung seiner Diplomarbeit über Autoscheiben aus Kunststoff gewürdigt. "Wegen des verringerten Gewichts und der verbesserten Sicherheit der Polycarbonat-Scheiben besteht ein zunehmendes Interesse an dieser Technologie", erläutert Tannes Betreuer Prof. Peter Wippenbeck.

"Die Autoscheibe aus Kunststoff ist im höchsten Grad innovativ, denn sie könnte das Gewicht eines Mittelklassewagens um ca. 20 kg vermindern", verdeutlicht der Aalener Kunststoff-Experte, "ein wichtiger Schritt zum 3-Liter-Auto". Um die unerlässliche Spannungsfreiheit der Scheiben zu erreichen, muss ein Herstellverfahren wie bei der Produktion von Compact Discs (CD) eingesetzt werden: "sanftes" Spritzgießen mit einem Prägehub. Dann gelingt es auch, mit wesentlich weniger Schließkraft für die großen Scheibenflächen auszukommen. Was bei der Handy-Produktion selbstverständlich ist, soll auch bei Autoscheiben genutzt werden: das Anspritzen einer zweiten Komponente zur Formung eines Abdichtrahmens.

Beides zu kombinieren, stellt erhöhte Anforderungen an die Werkzeugtechnik. "Die verschiedenen Möglichkeiten analysierend, stellt die Diplomarbeit das Optimum fest", beurteilt Wippenbeck die ausgezeichnete Arbeit. "Dies wird erreicht, wenn auf zwei Spritzgießmaschinen parallel produziert wird und ein Umsetz-Transportband die Teile in die zweite Kavität bringt."

Die Anregungen, sich intensiv mit dieser Zukunftsidee zu befassen, hat Martin Tanne nicht nur an der FH Aalen, sondern auch bei einem Praktikum in Sydney, Australien erhalten. Bestärkt wurde er ebenfalls vom Spritzgießmaschinen-Hersteller Krauss-Maffei in München, der den angehenden Ingenieur mit dem wichtigen Projekt "Produktion großflächiger Automobilteile im Zweikomponenten-Verfahren" betraute. Das Hinzufügen eines weiteren Elements, etwa eines elastischen Abdichtrahmens, im gleichen Arbeitsgang spart Montagearbeit und damit beträchtliche Kosten. Seine Projekterfahrungen konnte Martin Tanne im mittelständischen Unternehmen seiner Eltern schon umsetzen, so dass dort die neue Zweikomponenten-Spritzgießmaschine bereits voll ausgelastet ist. Allerdings nicht mit so großen Bauteilen, wie es Autoscheiben darstellen, denn dazu bedarf es sehr großer Maschinen mit erheblichem Investitionsvolumen.

In seiner Würdigung wies der Rektor der FH Aalen Prof. Dr. Dr. Ekbert Hering darauf hin, dass die Zukunftssicherung durch technischen Fortschritt eine Unabdingbarkeit ist und dass große Anstrengungen gemacht werden müssen, um den Nachwuchs für die technischen Disziplinen zu sichern. Mit diesem erklärten Ziel werden die Kontakte der Aalener Hochschule mit der Industrie verstärkt, z. B. durch das neue studienbegleitende Trainee-Programm.

In seiner Laudatio stellte Prof. Peter Wippenbeck heraus, dass das Spritzgießen das häufigste Kunststoff-Verarbeitungsverfahren ist. Allein in Deutschland werden dafür rund 60.000 Maschinen eingesetzt. Einen wertvollen Beitrag, um hier Innovationen anzustossen und Know-how zu liefern, leisteten die Recherchen des Diplomanden "dank ihrer Variationsbreite und hervorragenden Systematik", so Wippenbeck.

"Der wahre Wert der Diplomarbeit wird sich zeigen, wenn Polycarbonat-Autoscheiben in Serie laufen", ist Prof. Wippenbeck überzeugt. Der Anfang ist beim Smart gemacht, wo die kleine Seitenscheibe den Vorreiter spielt. Inzwischen existiert bereits ein Entwicklungslabor, das die bessere Sicherheit des Kunststoffs im Aufprall- und Überrolltest beweist. Dies zeigte auch der Sturz einer Mehrweg-Milchflasche aus Polycarbonat auf den Betonboden, der ohne jegliche Beschädigung endete. "Plastic is fantastic", heißt es nicht nur auf manchen Aufklebern an den Autos auf dem Parkplatz der FH Aalen.

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