Dem Schweißgeruch auf der Spur
Forscher identifizieren neue schwefelhaltige Geruchsmoleküle im Schweiß
Ein Team um Anthony J. Clark von der Schweizer Firma Firmenich SA brachte 30 Freiwillige auf dem Hometrainer und in der Sauna kräftig ins Schwitzen. Deren Achselschweiß wurde aufgefangen und sterilisiert. Normalerweise sondern die zahlreichen Schweißdrüsen der Achselregion ein zunächst geruchloses Sekret ab. Die menschliche Achselhöhle ist aber Heimstatt einer breit gefächerten Bakterienpopulation, zu der vor allem Corynebakterien- und Staphylokokken-Stämme zählen, die Bestandteile des Schweißes in heftig riechende Substanzen verwandeln. Verschiedene Bakterienstämme erzeugen unterschiedliche Duftnoten, stellten die Forscher bei ihren Experimenten mit Bakterien aus menschlichen Achselhöhlen fest. "Unter den von uns getesteten Mikroorganismen setzte Staphylococcus haemolyticus den schwefelartigsten Schweißgeruch frei," berichtet Clark. Eine Auftrennung und Untersuchung dieser Zersetzungsprodukte mithilfe von Gaschromatographie, Massenspektroskopie und den geschulten Nasen von Parfumeuren zeigte die Anwesenheit von mindestens acht Sulfanylalkoholen - Verbindungen mit einer OH- und einer SH-Gruppe. Eine konnte als 3-Methyl-3-sulfanylhexan-1-ol identifiziert werden. Sie liegt in einer Konzentration von 4 ppb vor (das entspricht vier Teilchen auf eine Milliarde Flüssigkeitssteilchen). Die Atome dieser Verbindung können auf zwei verschiedene, zueinander spiegelbildliche Weisen räumlich angeordnet sein. Während die (S)-Form (S für lat. sinister = links) schweiß- und zwiebelartig riecht, wird der Geruch der spiegelbildlichen (R)-Form (R für lat. rectus = rechts) als fruchtig und grapefruitartig beschrieben. "Der von S. haemolyticus zersetzte Schweiß enthielt die (S)- und die (R)-Form im Verhältnis 3:1," so Clark.
Auch ein zweites Team berichtet von 3-Methyl-3-sulfanylhexan-1-ol als Bestandteil des Achselschweißes. Die Wissenschaftler um Andreas Natsch von der Givaudan Schweiz AG identifizierten außerdem drei weitere, ähnlich aufgebaute, ebenso stechend riechende Sulfanyl-alkohole. Einen dieser Stoffe hat die Firma bereits als möglichen Bestandteil für zwiebelartig-fleischartige Aromen zum Patent angemeldet. Ein weiterer ist als Aromastoff von Passionsfrüchten und Cabernet-Weinen bekannt.
Dass die Verbindungen trotz ihrer extrem geringen Konzentration im Schweiß derart intensiv riechen, liegt an ihrer besonders niedrigen Wahrnehmungsschwelle: Bereits im Bereich von wenigen Picogramm (Billionstel Gramm) pro Liter Luft werden sie wahrgenommen. Das liegt um einen Faktor Tausend niedriger als die Konzentration, bei der durchschnittliche Duftstoffe wahrgenommen werden.
"Die Sulfanyl-alkohole werden in Form geruchloser Verknüpfungsprodukte mit der schwefelhaltigen Aminosäure Cystein von den Schweißdrüsen ausgeschieden," ist Natsch überzeugt. "Bakterielle Enzyme, die Kohlenstoff-Schwefel-Verbindungen spalten können, setzen die Sulfanyl-alkohole aus diesen Konjugaten frei." Den Forschern um Natsch gelang es, ein Gen aus Corynebakterien herauszufischen, das für das Enzym Cystathionin-b-Lyase codiert, und übertrugen dieses Gen auf E. coli-Bakterien. Die aus den gentechnisch veränderten E. coli gewonnene Lyase verwandelte Proben geruchlosen Achselschweißes innerhalb weniger Minuten in eine Quelle der typisch stechend riechenden Unterarm-Duftnote.
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