Der Smart: Plastik in der Autoproduktion

25.07.2001

Die Entwicklung des Smart, das Auto mit einer Kunststoffverkleidung über der Stahlkarosserie, stellt in fast jeder Beziehung eine Revolution in der Autoindustrie dar. Vom Design bis hin zur Endmontage könnte dieses einzigartige Konzept große Auswirkungen auf die Zukunft von Motorfahrzeugen und die zu ihrer Herstellung verwendeten Materialien haben, so lautet der Kommentar von David Platt, Research Analyst bei Frost & Sullivan.

Der erste "Smart" lief im Spätjahr 1998 in einer Fabrik im französischen Hambach nahe der deutschen Grenze vom Band. Der Hersteller MCC smart GmbH, eine Tochtergesellschaft der DaimlerChrysler AG, plant für 2001 eine Produktion von 200.000 Fahrzeugen. Angeboten werden die drei Grundmodelle Pure, Pulse und Passion, alle ausgestattet mit einem Mercedes-Benz Drei-Zylinder-Turbomotor (600 ccm). In naher Zukunft soll zudem ein Roadster-Modell auf den Markt kommen.

Der Smart unterscheidet sich in Herstellung und Endmontage in vielerlei Hinsicht von anderen derzeit angebotenen Fahrzeugen. Bereits der Produktionsort selbst spiegelt ein neues Prinzip wider. Anders als bei anderen Systemen, bei denen die Teile aus der ganzen Welt bezogen werden, werden beim Smart sämtliche Komponenten unter einem Dach produziert und montiert. Die Systemlieferanten sind über eine radiale Montageachse verbunden. Einer der großen Lieferanten ist die Dynamit Nobel Kunststoff GmbH. Sie fertigt Plastikfahrgestelle und andere Komponenten mittels Spritzguss, und zwar mit zehn Maschinen mit einer Schließkraft von 1.300 bis 4.000 t. Dank der rationellen Struktur des Produktionscenters kann ein Smart innerhalb von 4,5 Stunden endmontiert und in einer Rekordzeit von zwei Stunden wieder zerlegt werden.

Der Smart ist das erste Fahrzeug, bei dem Bodenstruktur und Bodypanels aus Plastik sind. Das Material für diese Komponenten ist ein PC/PBT-Blend mit dem Handelsnamen Xenoy der Firma GE Plastics, der die hohe Zähigkeit von PC (Polycarbonat) mit der guten chemischen- und Wärmestabilität des PBT (Polybutylenterephtphalat) vereinigt. Die ausgeklügelte Konstruktion des Smart, entwickelt von Dynamit Nobel in Zusammenarbeit mit Ymos, erleichtert das Anbringen der so genannten Anbauteile. Weil das Fahrgestell nicht an den Stahlrahmen geschweißt, sondern nur geschraubt wird, können beispielsweise Teile wie Stoßstangen schnell gegen andersfarbige ausgetauscht werden. Außerdem kann der Halter je nach Geschmack und Trend neue Sitze und Sitzbezüge, Türauskleidungen oder Cockpit-Elemente einklicken. "Customised Bodypanel System (CBS)" nennt sich diese technische Innovation.

Neben dem Bodypanel-System liefert Dynamit Nobel noch eine Reihe anderer sichtbarer und unsichtbarer Komponenten, darunter Teile der Tür- und Radverkleidung, spezielle Befestigungsklammern für die Bodenstruktur und die "Crashbox", die bei einer leichteren Kollision Aufprallenergie absorbiert.

Der Einsatz von PC/PBT-Blends für Fahrgestell und Bodypanels wird die Diskussion um die zukünftige Bedeutung von Plastikbauteilen in der Autoproduktion weiter anheizen. Der Smart ist der Beweis dafür, dass der Austausch von Metall durch thermoplastischen Kunststoff sowohl Herstellern als auch Kunden nützt: Die Hersteller profitieren von kürzeren Montagezeiten und geringeren Kosten, und das bedeutend geringere Gewicht beschert den Kunden einen niedrigeren Kraftstoffverbrauch.

Und schließlich bringt das revolutionäre Design den Vorteil, dass der Smart nach Ablauf seiner Lebensdauer zu 85 Prozent recyclebar ist -- ein Quantensprung im Vergleich zum Status Quo der Altautoentsorgung. Ein großes Plus für den Smart, denn seit Einführung der EU-Direktive "End-of-Life Vehicles" im Jahr 2000 hat das Thema "Recycling" unter Automobildesignern und -herstellern noch an Bedeutung dazu gewonnen.

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