Nutzen und Risiken von Vitaminen und Mineralstoffen in Lebensmitteln neu bewertet
BfR unterbreitet Vorschläge für Höchstmengen in Nahrungsergänzungsmitteln und angereicherten Lebensmitteln
Die meisten Vitamine und Mineralstoffe sind essentiell - der Mensch braucht sie zum Leben. Das heißt aber nicht, dass er desto gesünder ist, je mehr er davon aufnimmt: Für einige Vitamine gilt zwar, dass sie einfach ausgeschieden werden, wenn die Konzentration im Körper hoch genug ist. Bei anderen Vitaminen und Mineralstoffen kann eine Überversorgung aber durchaus mit gesundheitlichen Risiken verbunden sein. So kann zu viel Vitamin A im ersten Drittel der Schwangerschaft fruchtschädigend wirken. Aber auch ein Mangel an Vitaminen und Mineralstoffen kann gesundheitsschädlich sein: Schwangere etwa, deren Versorgung mit dem Folsäure-Vitamin unzureichend ist, haben ein erhöhtes Risiko für Spina bifida-Erkrankungen des Neugeborenen; ein Krankheitsbild, das auch als "offener Rücken" bezeichnet wird.
"Die Besonderheit der Risikobewertung von lebensnotwendigen Nährstoffen wie Vitaminen und Mineralstoffen liegt darin, dass sowohl das Risiko einer Mangel- als auch einer Überversorgung berücksichtigt werden muss", betont Dr. Rolf Großklaus, Leiter der Fachgruppe "Diätetische Lebensmittel, Ernährung und Allergien" im BfR. Diese Herausforderung hat das BfR mit der nun vorliegenden, umfassenden gesundheitlichen Bewertung zu Nutzen und Risiken von Vitaminen und Mineralstoffen angenommen. Sie eröffnet erstmals die Möglichkeit, Höchstmengen an diesen Stoffen für bestimmte Nahrungsergänzungsmittel oder angereicherte Lebensmittel auf der Grundlage einer wissenschaftlich basierten Risikoabschätzung abzuleiten. In die Empfehlungen sind die aktuell in Deutschland vorhandenen Daten zu Ernährungsgewohnheiten und Versorgungslage der Bevölkerung eingeflossen. Bei der Formulierung der Handlungsoptionen wurden auch die unterschiedlichen Empfindlichkeiten einzelner Verbrauchergruppen berücksichtigt.
Der Ermittlung der Höchstmengenvorschläge haben die Wissenschaftler ein einheitliches Schema zu Grunde gelegt. Danach ergibt sich die Menge eines Vitamins oder Mineralstoffes, die ohne gesundheitliche Risiken zusätzlich zugeführt werden kann, aus der Differenz der über die herkömmlichen Lebensmittel aufgenommenen Vitamin- und Mineralstoffmenge und der jeweiligen wissenschaftlich als sicher definierten Gesamttageszufuhr (sog. Tolerable Upper Intake Level) eines Vitamins oder Mineralstoffes. Bei einzelnen Stoffen, wie zum Beispiel bei Vitamin A, bleibt nach Anwendung dieses Schemas kein Spielraum für eine zusätzliche Zufuhr über Nahrungsergänzungsmittel oder angereicherte Lebensmittel.
Die Notwendigkeit einheitlicher Regelungen für Vitamine und Mineralstoffe in Nahrungsergänzungsmitteln sieht auch das europäische Parlament und hat im Juni 2002 eine entsprechende Richtlinie erlassen. Die aktuelle Bewertung des BfR ist daher eine geeignete Grundlage für die in Deutschland und vor allem auf europäischer Ebene zu führende Diskussion über Höchstmengen von Vitaminen und Mineralstoffen, die über Nahrungsergänzungs- oder angereicherte Lebensmittel zusätzlich zugeführt werden.
Die vom BfR veröffentlichte Bewertung von Vitaminen und Mineralstoffen richtet sich an alle, die mit dem Risikomanagement von Lebensmitteln und Nahrungsergänzungsmitteln befasst sind, aber auch an Ärzte, Ernährungsberater und Apotheker sowie Studenten relevanter Studienrichtungen. Die beiden, in der Reihe "BfR-Wissenschaft" erschienenen Berichtsbände (03 und 04/2004) können zum Preis von je 15 EUR schriftlich in der Pressestelle des BfR, Thielallee 88-92, 14195 Berlin angefordert werden (Fax: 030-8412-4970).