Ausblick 2007: Chemiebranche verliert an Schwung - Konsolidierungswelle rollt

03.01.2007

(dpa-AFX) Die Chemieindustrie wird nach Einschätzung von Experten im kommenden Jahr ihren Konsolidierungskurs bei etwas geringerem Wachstumstempo fortsetzen. Das gesamtwirtschaftliche Umfeld bleibe günstig. So dürfte die deutsche Chemieindustrie aus Sicht des Branchenverbandes VCI nach einem unerwartet kräftigen Produktionssprung im laufenden Jahr auch 2007 weiter robust wachsen. Das kommende Jahr dürfte somit trotz einer sehr hohen Vergleichsbasis das vierte gute Jahr in Folge für die Chemiebranche werden.

"Das ist nicht das Szenario für eine Rezession, sondern für Wachstumsraten, die unter denen der vergangenen beiden Jahre liegen", sagte der Präsident des Verbandes der Chemischen Industrie (VCI) und Bayer-Chef, Werner Wenning. Auch BASF-Chef Jürgen Hambrecht gab sich in Zeitungsinterviews optimistisch: "Im Moment sieht alles robust aus." Das Chemiegeschäft befinde sich bereits auf einem hohen Niveau. Zusätzliches Wachstum, das für 2007 erwartet werde, wäre ein "riesiger Erfolg", dämpfte er aber zu hohe Erwartungen.

Chemie liefert grösste Börsengänge des Jahres

Der VCI rechnet für 2007 mit einem Produktionswachstum von 2,0 Prozent nach 3,5 Prozent 2006. Das robuste Wachstum in Asien sowie die Belebung in Europa dürften die Abschwächung in den USA abfedern und der Chemie das vierte kräftige Wachstumsjahr bescheren. Der Preisdruck bei Rohstoffen dürfte dabei nachlassen. Deutsche Bank-Experte Tim Jones sieht unterdessen neuen Gegenwind: Dazu zählten eine Schwäche des Dollar, höhere Lohnkosten sowie weiter hohe Energiekosten. Die deutschen Chemieunternehmen sind unterdessen dank milliardenschwerer Zukäufe und Kostensenkungsprogrammen insgesamt besser für einen möglichen Abschwung gerüstet.

"Die Konsolidierungswelle wird weiter rollen", sagte Chemieanalyst Matthias Schell von der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW). Allerdings seien wohl keine Mega-Fusionen wie beispielsweise im laufenden Jahr mit dem Kauf von Schering durch Bayer (rund 17 Mrd. Euro) oder Serono durch Merck KGaA (rund 11 Mrd) sowie Engelhard und die Degussa-Bauchemie durch BASF (7 Mrd) zu erwarten. Ihre größte Übernahme in der Firmengeschichte vollzogen 2006 gleich mehrere Konzerne. Auch in punkto Börsengänge war 2006 für die Chemie ein Jahr der Superlative: Wacker Chemie und Symrise waren mit Abstand die schwersten Neuzugänge auf dem deutschen Parkett.

"Höhepunkt des Zyklus scheint erreicht"

"Angesichts des Kapazitätsaufbaus im Mittleren Osten und niedrigerer Rohstoffkosten scheint der Höhepunkt des Zyklus erreicht", sagte Analyst Jürgen Reck von Sal. Oppenheim. Die niedrigeren Rohstoffkosten dürften zu geringeren Margen führen, da die Kunden bei sinkenden Ölpreisen auf Preisnachlässe pochen dürften. Darüber hinaus entstünden in Asien und im Mittleren Osten vor allem für Basischemikalien derzeit umfangreiche neue Kapazitäten. Der Aufbau dürfte sich allerdings etwas verzögern. Wegen höherer Materialkosten habe es Projektverzögerungen im Anlagenbau im Iran gegeben. Spätestens 2009 dürften die zusätzlichen Kapazitäten aber spürbar werden. Vor diesem Hintergrund erwartet LBBW-Experte Schell den Branchenhöhepunkt 2007/08.

VCI-Präsident Wenning sieht unterdessen für die deutsche Chemieindustrie 2007 "keine erheblichen Überkapazitäten". Die Auslastung liege derzeit bei gut 85 Prozent. Er zeigte sich mit der wirtschaftlichen Entwicklung insgesamt "sehr zufrieden": "Endlich hat auch in Deutschland die Konjunktur an Dynamik gewonnen." Freundlich ist auch das Bild für die gesamte Europäische Union (EU). Der europäische Branchenverband (cefic) erwartet 2007 ein Produktionswachstum von 3 Prozent, nach 3,6 Prozent 2006. Unsicherheitsfaktoren seien der Ölpreis sowie der Dollar-Wechselkurs. Die Stimmung sei nach wie vor gut, wobei der Optimismus allmählich abnehme.

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