Mit molekularen "Dominosteinen" zum Nano-Draht
Schon seit einiger Zeit können Forscher bestimmte Moleküle so "designen", dass sie sich in abwechselnder Reihenfolge aneinander anlagern und unter bestimmten Umständen - beispielsweise auf Oberflächen - Ketten bilden. Das muss man sich ähnlich wie bei einem Dominospiel vorstellen - aber ohne Spieler. Die Reihen bilden sich von selbst - allerdings keine sehr langen, denn Oberflächen weisen auf atomarer Ebene stets Unebenheiten wie Stufen auf, die für die Molekülketten unüberwindbare Hindernisse darstellen. Und da die nur wenige Atomschichten hohen Stufen normalerweise zufällig auf der Oberfläche verteilt sind, ordnen sich auch die Molekülketten äusserst unregelmässig auf der Oberfläche an.
Wie wäre es nun aber, so überlegten sich Roman Fasel und seine Kollegen, wenn die Stufen alle parallel zueinander ausgerichtet würden, wie in einer Treppe? Theoretisch müssten sich dann auch die Molekülketten, die sich bevorzugt entlang den Stufenkanten bilden, zu einem langen, parallelen Gittermuster anordnen. Also präparierten die Doktorandin Marta Cañas-Ventura von der EPF Lausanne und ihre Empa-Kollegen die Oberflächen eines Gold-Einkristalls entsprechend. Nach etlichen Zyklen unter Argon-Ionenbeschuss und Erhitzen waren die Forscher am Ziel: Die Goldoberfläche wies unzählige parallele Stufen auf, alle gleich hoch - genau eine Goldatomschicht (0.24 Nanometer) -, die zudem in einem regelmässigen Abstand von 5.8 Nanometer parallel zueinander verliefen.
Nun brauchten sie nur noch die Bausteine der Nano-Ketten im Hochvakuum auf die Goldoberfläche aufzudampfen. Eines der organischen Moleküle hatten Kollegen vom Max-Planck-Institut für Polymerforschung in Mainz speziell für das Empa-Team synthetisiert, und zwar so, dass es eine Art Gegenstück zum zweiten Baustein darstellt: An ihren beiden Enden enthielten die zwei Moleküle jeweils Strukturen, die genau an ihr Gegenüber auf dem Partnermolekül passten und über Wasserstoffbrücken an dieses andocken konnten. Danach untersuchten Fasel und sein Team die Oberflächen wiederum unter dem Rastertunnelmikroskop.
Was die Forscher sahen, bestätigte ihre Überlegungen voll und ganz. Bei geringen Konzentrationen der beiden Kettenbausteine bildete sich an jeder Stufe eine einzelne Kette; bei höheren Konzentrationen eine Doppelkette. Die Doppelketten wiesen mit defektfreien Bereichen von rund 30 Nanometer sogar eine deutlich bessere Ordnung auf als die Einzelketten, "vermutlich, weil sich beide Ketten gegenseitig stabilisieren", so Fasel. Insgesamt bildete sich eine Art Gitter auf der Goldoberfläche, bei dem unzählige Nano-Ketten in regelmässigem Abstand parallel verliefen.
Ein Manko haben die sich selbst organisierenden supramolekularen Ketten allerdings noch: Als Leiter für die molekulare Elektronik sind sie nicht geeignet, da sie einerseits mit einem metallischen Substrat - Gold - in Kontakt sind, und andererseits eine zu geringe Leitfähigkeit aufweisen.
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