Food-Hersteller setzen auf Automatisierung

18.12.2001

Wie es in Sachen Automatisierung, Hygiene und Informationstechnik in der deutschen Lebensmittelindustrie aussieht, haben Elsa und Julien Huen von der Abteilung Technische Produktionsplanung des Fraunhofer IPA erkundet. Rund 200 Lebensmittel- und Anlagenhersteller beteiligten sich an der Studie.

Auch wenn sich die gemeine Mastsau hartnäckig dagegen sträubt, Kotelettstränge nach DIN-Norm zu produzieren und selbst Salatköpfe nur selten eine perfekte, einheitliche Gestalt annehmen: Automatisierte Prozesse haben bei der industriellen Fertigung vieler Lebensmittel eine lange Tradition. Wie es in Sachen Automatisierung - und u. a. auch Hygiene - genau aussieht in der deutschen Lebensmittelindustrie, haben Elsa und Julien Huen von der Abteilung Technische Produktionsplanung am Fraunhofer IPA erkundet. Im Juli 2001 verschickten sie Fragebogen an bundesweit 956 Lebensmittelproduzenten und 512 Anlagenhersteller und erhielten bis September 207 Antworten. Julien Huen ist mit der Resonanz sehr zufrieden. Insgesamt 14,1 Prozent bis 15,7 Prozent der Lebensmittelproduzenten und 11,1 Prozent der Geräte- und Anlagenhersteller - haben geantwortet und auch "sehr ausführlich ihre Probleme und Wünsche geschildert, so dass wir das Gefühl hatten, die richtigen Fragen gestellt zu haben", berichtet Julien Huen.

Die Mehrzahl der Lebensmittelproduzenten (68 Prozent) schätzt den Automatisierungsgrad ihrer Produktion als "hoch" oder "sehr hoch" ein. Es gibt jedoch große Unterschiede zwischen den verschiedenen Branchen. Spitzenreiter mit 80 Prozent und mehr sind die Hersteller von Milchprodukten, Getränken sowie Brot und Backwaren. Schlusslicht ist die fleischverarbeitende Industrie mit einem auffallend geringen Automatisierungsgrad von 25 Prozent. "Diese Unterschiede dürften auf die physikalischen Eigenschaften der Rohstoffe zurückzuführen sein: Die maschinelle Behandlung von flüssigen Produkten wird seit langem beherrscht. Im Gegensatz dazu ist die biologische und physikalische Varianz des Rohstoffs Fleisch groß und die Handhabung dieser Produkte, die teilweise flexibel (Muskeln) sowie teilweise solid und zerbrechlich (Knochen) sind, schwieriger", vermutet Julien Huen. Die Lebensmittelproduzenten, die ihren Automatisierungsgrad als "hoch" oder "sehr hoch" einschätzen, sind vor allem von der besseren Qualität des Endprodukts im Vergleich zu einer manuellen Verarbeitung überzeugt.

Weniger zufrieden sind die meisten von ihnen mit der Flexibilität ihrer Anlagen. Dieser Mangel schreckt auch viele kleinere Unternehmen und solche mit einem geringen Produktionsvolumen. Ein weiterer Grund für einen "geringen" oder "sehr geringen" Automatisierungsgrad ist die fehlende Technologie, beispielsweise für schwierig zu handhabende Rohstoffe. Besonders davon betroffen sind Unternehmen, die Fleisch (46 Prozent), Fisch (23 Prozent) oder Obst/Gemüse (15 Prozent) verarbeiten. "Einer unserer Teilnehmer hatte beispielsweise großes Interesse an einer Rollmopsdrehmaschine", erzählt Huen, "ein anderer suchte eine Anlage, die Pfifferlinge sortiert". Aufgabenstellungen wie diese erfordern jedoch einen hohen Einsatz an Sensor- und Steuerungstechnik und sind mit entsprechend hohen Hardware-Kosten verbunden. Die Amortisationszeit für solche Anlagen ist vielen Lebensmittelherstellern zu lang und so lohnt es sich bislang auch selten für die Maschinen- und Anlagenbauer, automatisierte Systeme diese Branchen zu entwickeln und zu realisieren.

Die überraschendsten Antworten kamen jedoch zum Fragenkomplex "Hygiene", fanden Elsa und Julien Huen. So wurden beispielsweise als wichtigste Kontaminationsquelle in der Lebensmittelproduktion die Rohstoffe genannt: "Es hat sich gezeigt, dass oft keine verbindlichen Kontaminationsgrenzen mit den Lieferanten definiert sind", berichtet Julien Huen. "Durch eine intensivere Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedern der Wertschöpfungskette könnten diese Schwierigkeiten beseitigt werden", ist er sich sicher. Ein anderer herausragender Punkt war das Hygienic Design. Mehr als die Hälfte (52 Prozent) der Lebensmittelproduzenten geben an, Hygieneprobleme zu haben, die auf das Design der Anlagen zurückzuführen sind. "Das Hauptproblem sind 'Toträume', die schlecht zugänglich und damit auch nur schwer zu reinigen sind", erklärt Elsa Huen, "es tritt insbesondere bei älteren Maschinen auf." Obwohl heute 97 Prozent der Lebensmittelhersteller beim Erwerb neuer Produktionsmittel besonderes Augenmerk auf das hygienische Design der Anlagen legen, räumten 19 Prozent der Geräte- und Maschinenhersteller ein, dass sie nicht mit allen einschlägigen Prinzipien vertraut sind. "Hier herrscht großer Handlungsbedarf", stellen Elsa und Julien Huen fest, die dieses Problem bei ihren künftigen Forschungs- und Entwicklungsarbeiten verstärkt angehen wollen.

Die Studie beschäftigt sich außerdem mit den Themen Rückverfolgbarkeit, Informationsfluss und Produktionsdaten sowie FDA-Konformität. Sie ist in Zusammenarbeit mit der Zeitschrift "Lebensmitteltechnik"

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