Alkin-Metathese: Ein Generalschlüssel zu neuen Materialien und Medikamenten
"Doppelbindungen in bestimmten Kohlenwasserstoffen - Alkene oder auch Olefine genannt - kann man sich so vorstellen, als ob die beteiligten Atome einander beide Hände reichen. Bei den festeren Dreifachbindungen in Alkinen umfasst zusätzlich gleichsam noch je ein Bein das jeweils andere", erläutert Prof. Matthias Tamm die Grundlagen. Wenn man nun diese Bindungen löst beziehungsweise spaltet, können die Molekülhälften ihre Plätze tauschen und untereinander neu kombiniert werden. Es kommt zur Metathese.
Spezielle Katalysatoren bewirken diese Reaktion: Imidazolin-2-iminato-Alkylidinwolframkomplexe, das sind Moleküle, die ihrerseits eine Metall-Kohlenstoff-Dreifachbindung besitzen und dadurch zur Wechselwirkung mit Kohlenstoff-Kohlenstoff-Dreifachbindungen und deren Spaltung befähigt sind. Die Grundlagen dieser Chemie wurden vom deutschen Nobelpreisträger für Chemie (1973) Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Ernst Otto Fischer (*1918, ?2007) gelegt, der zum ersten Mal die Existenz von Metall-Kohlenstoff-Dreifachbindungen nachweisen konnte. Die neuen Katalysatoren wurden jetzt von Tamm und seiner Arbeitsgruppe zum Patent angemeldet. Sie beschleunigen wie alle Katalysatoren die erwünschten chemischen Reaktionen, ohne dabei selbst verbraucht zu werden.
"Im Laborversuch ist die Alkinmetathese in der Vergangenheit mehrfach gelungen", so Tamm. "Aber erst durch unsere Katalysatoren kann man diese Reaktion bereits bei Raumtemperatur erreichen. Dadurch wird das Verfahren für die industrielle Nutzung besonders interessant." Das Spektrum neuer Produkte ist sehr groß und wird erst in den nächsten Jahren voll erschlossen sein. Zu den wichtigsten Anwendungsgebieten gehören die Entwicklung neuartiger Medikamente und neuer Kunststoffe.
So wurden in Kooperation mit der Arbeitsgruppe um Prof. Dr. Alois Fürstner vom Max-Planck-Institut für Kohlenforschung in Mülheim/Ruhr bereits erste Erfolge bei der Synthese von pharmakologisch aktiven Naturstoffen erreicht. Eine ähnliche Zusammenarbeit besteht auch mit Prof. Dr. Stefan Schulz vom Institut für Organische Chemie der TU Braunschweig, in deren Rahmen die Synthese von Schmetterlings-Duftstoffen untersucht wird.
Originalveröffentlichung: Angewandte Chemie 2007, Volume 119, Issue 46, Pages 9047-9051.
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