analytica 2008: Start-ups und Forschungsunternehmen präsentieren richtungsweisende Neuentwicklungen
Phasenmodulation und Ionenmobilität
Anhand ihrer aktuellen Forschungsprojekte zeigen zahlreiche Universitäten innerhalb der InnovationsArea, dass sie sich nicht nur Forschung und Lehre verschrieben haben, sondern durch Technologietransfer und Patentverwertung auch als Innovationspartner für die Wirtschaft unentbehrlich sind. So präsentiert das Institut für Chemie der Universität Potsdam eine laserbasierte Sauerstoff-Mikrosonde mit einer neu entwickelten Zwei-Frequenz-Phasenmodulationstechnik, mit deren Hilfe selbst in stark fluoreszierendem grünen Pflanzengewebe der Sauerstoffgehalt sicher in Echtzeit bestimmt werden kann. Um ein verbessertes Verfahren zum Nachweis von Kampf- und Sprengstoffen sowie Industriechemikalien dreht sich das zweite Exponat aus Potsdam: Eine Ionenmobilitäts(IM)-Spektrometrie-Lösung, die anstelle radioaktiver Substanzen einen Laser als Ionisationsquelle nutzt. Im Vergleich zur konventionellen IM-Spektrometrie arbeitet das laserbasierte Pendant mit einer höheren Selektivität und Empfindlichkeit sowie in einem erweiterten Dynamikbereich und soll sich auch durch Substanzgemische nicht irritieren lassen.
Mikrofluidik und Biosensorik im Trend
In den aktuellen Forschungsprojekten der Universitäten spielen auch Mikroanalytik und Biosensorik eine wichtige Rolle. Die TU Bergakademie Freiberg beispielsweise zeigt ein neues Mikrokalorimeter für biochemisches Screening. Dieses Messgerät auf Basis eines Silizium-Chips realisiert schnelle und automatisierte Messungen von biologischen und biochemischen Aktivitäten in Mikroproben und wurde für den Einsatz im Enzymscreening, dem Online-Monitoring biotechnologischer Prozesse oder für Metabolismusuntersuchungen an Mikroorganismen entwickelt.
Mit ihren Mikrofluidik- und Biosensorik-Systemen adressiert die Forschergruppe Macronano der TU Ilmenau die pharmazeutisch forschende Industrie. Die Forschungsarbeiten umfassen unter anderem die Entwicklung von miniaturisierten Bioreaktoren für 3D-Zellkulturen sowie die Entwicklung von Assays und Assay-Reihen für Zellkulturen. Für den Einsatz in der biomedizinischen Forschung integrieren die Wissenschaftler Biosensoren und fluidische Messsysteme in miniaturisierte Bioreaktoren.
Zu den ausstellenden Forschungseinrichtungen auf der InnovationsArea gehören auch die Institute der Fraunhofer Gesellschaft. Das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA) kommt mit einem mikrofluidischen Baukasten zur Messe, durch den sich verschiedenste mikrofluidische Prozesse schnell und flexibel realisieren lassen. Dieser Baukasten soll zu einer raschen und gezielten Entwicklung mikrofluidischer Einmalanalysechips beitragen, die unter anderem in der POC-Analytik verwendet werden. Schwerpunkt des Fraunhofer-Instituts für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik (IGB) sind dreidimensionale organoide Testsysteme für die Untersuchung von Chemikalien und Kosmetika. Diese In-vitro-Modelle eignen sich auch für REACH (Registration, Evaluation and Authorisation of Chemicals) -konforme Untersuchungen und ersetzen Tierversuche.
Aptamere als Alternative zu Antikörpern
Einen Mikrofluidik-Chip mit magnetischer Separation vereint das Institut für Bioprozess- und Analysenmesstechnik (iba) in einem System, das künftig einen Schnellnachweis von Verderbnis- und Krankheitserregern in Lebensmittelproben ermöglichen soll. Dabei werden zur selektiven Bindung der Zielzellen Peptide oder Aptamere genutzt, die inzwischen eine interessante Alternative zu Antikörpern darstellen. Die Vorteile der neuen Aptamer-gestützten Verfahren stehen im Mittelpunkt des analytica-Auftritts der Firma Aptares. Der Start-up-Sieger 2003 aus dem Biotechnologiepark Luckenwalde in Brandenburg produziert diese hochaffinen Aptamere, entwickelt innovative Aptamer-gestützte Verfahren und bietet die erforderlichen Verbrauchsmittel an. Als Vorteile der Aptamere im Vergleich zu den Antikörpern werden hohe Thermostabilität, Proteinase-Resistenz und geringe Größe angeführt.
Die 2002 gegründete und für den Hamburger Gründerpreis nominierte PAS-Tech GmbH hat sich auf die Entwicklung kostengünstiger und kompakter Gassensoren spezialisiert, die mit infrarotem Laserlicht arbeiten und dieses zur Auswertung in Schallwellen umwandeln. Die Gassensoren werden in der Emissions-, Immissions- und Prozessmessung eingesetzt und sind aufgrund ihrer Selektivität und Empfindlichkeit auch für medizinische Anwendungen wie zum Beispiel Atemtests geeignet.
Für die Scienova Lab-Instruments stellt die analytica 2008 ebenfalls eine Premiere dar: Das junge Spin-off-Projekt der Friedrich-Schiller-Universität Jena wird die ersten Produkte, die aus der wissenschaftlichen Proteomik-Forschung entstanden sind, auf der InnovationsArea vorstellen. Es handelt sich um Verbrauchsmaterialien für Dialyse, Reinigung und enzymatischen Umsatz von Peptiden und Proteinen, welche die Parallelisierung von Analysen und Versuchen vereinfachen sollen.
Wichtiges Innovationsfeld: Lebensmittel- und Umweltanalytik
Klimaerwärmung und die neue Health-Claim-Verordnung der EU stellen die Umwelt- und Lebensmittelanalytik vor neue Herausforderungen. Geeignete Lösungen bieten zahlreiche Aussteller der InnovationsArea: Das Institut für Lebensmittel- und Bioverfahrenstechnik der TU Dresden beispielsweise hat ein Biosensorsystem auf Basis der Fluoreszenzmesstechnik für die Ermittlung des Fettgehaltes von Lebensmitteln entwickelt, das eine Alternative zu den klassischen chemischen Verfahren bieten soll. Die griechische Firma I2E präsentiert ein Farbcolorimeter-Test-Kit zur sicheren Erkennung von karzinogenen Bromaten im Trinkwasser, das Fraunhofer Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration (IZM) unter anderem eine neuartige Faseroptode zur Beschaffenheitsmessung von Fleisch.
Bildanalyse über das Web
Auch moderne Kommunikations- und Informationstechnologien kommen auf der InnovationsArea nicht zu kurz: Mit "S.Core" präsentiert die S.CO Lifescience ein webbasiertes System zur automatischen bildanalytischen Auswertung von Assays. Nach der Auswertung werden die Daten im Internetportal des Kunden zum Download bereitgestellt. Das Institut für Wissenschaftliches Rechnen vom Forschungszentrum Karlsruhe erleichtert mit dem Chemikalien-Management und Informationssystem "ChemA" die Einhaltung des gesetzlich vorgeschriebenen Gefahrstoffverzeichnisses in chemischen Betrieben. Das webbasierte Tool verwendet alle bereits vorhandenen digitalen Daten, um die Stoffströme der Chemikalien zu erfassen - von der Bestellung über die Lieferung, die innerbetriebliche Verteilung, den Verbrauch und schließlich der Entsorgung. Nach dem Prinzip "So wenig wie möglich - so viel wie nötig" beschränkt sich die Software auf die vorgeschriebenen Stoffinformationen der im Unternehmen vorhandenen Gefahrstoffe, die in einer Datenbank gespeichert und entsprechend den Benutzerrechten angezeigt werden.
Präsentationen der Bioregionen
Die InnovationsArea bietet auch Bioregionen Raum für eine umfassende Präsentation. So ist die Life Science Austria (LISA) zum ersten Mal auf der analytica vertreten und informiert zusammen mit der Tiroler Zukunftsstiftung und der Life Science Austria Vienna Region in Fragen der Kooperation, Ansiedelung und Förderung von Projekten und Geschäftsbeziehungen in Österreich. Tirol ist nach Wien die größte Life Science Region in Österreich. Auch der Biotechnologiepark Luckenwalde aus Brandenburg informiert über seine Infrastruktur mit komplett eingerichteten Laboren, ISO- und GMP-zertifizierter Technik und Dienstleistungen sowie exzellenten Förderkonditionen. Zurzeit sind hier 38 Unternehmen im Bereich weißer und roter Biotechnologie sowie Feinchemie angesiedelt.
Vorträge und Diskussionen im Forum "Technology & Innovations"
Ergänzt wird die InnovationsArea durch ein spannendes und umfangreiches Rahmenprogramm im Forum "Technology & Innovations" in Halle A3. Neben der Präsentation marktreifer Ideen durch junge Unternehmen finden hier täglich Vorträge und Diskussionen zu den Themen Lebensmittelanalytik, Point of Care Diagnostik/ Metabolomics/Lab on a Chip, Biotechnologie, Mikro-Nanotechnologie/Materialforschung sowie zu instrumenteller Analytik und Applikationen statt. Ein Highlight des Forumprogramms ist unter anderem die Diskussionsrunde der Life Science Research Arbeitsgruppe über schnellere und sensitivere molekularbiologische Methoden in der Lebensmittelanalytik.