Festkörper mit Speicherfunktionen: Energie, Information, Stoffe
In den letzten Jahren haben aufladbare Lithium-Ionen-Batterien einen Siegeszug angetreten. Man findet sie bereits in vielen tragbaren Geräten vor, setzt große Hoffnungen auf sie für Hybrid- und Elektrofahrzeuge und möchte Wind- oder Solarenergie mit ihrer Hilfe speichern. Viele Wünsche lassen sich aber nicht realisieren, weil die Elektrodenmaterialien den Anforderungen nicht genügen.
Professor Dr. Jean-Marie Tarascon von der Universität der Picardie schlägt im ersten Hauptvortrag der Tagung einige Nanomaterialien als Kandidaten für die nächste Generation von Elektroden für Lithium-Ionen-Batterien vor. Diese Nanomaterialien basieren im Wesentlichen auf bislang genutzten Elektrodenmaterialien, so dass also die chemische Zusammensetzung und Struktur erhalten bleiben, sich aber die Größe der Materialeinheit von einem zusammenhängenden kristallinen Block auf Nanopartikel reduziert. Dadurch werden zahlreiche physikalisch-chemische Eigenschaften des Elektrodenmaterials verbessert. Tarascon zeigt einige chemische Reaktionswege und damit neuartige Trends für das Design geeigneter Elektroden für Lithium-Ionen-Batterien auf.
Batterien benötigen neben Elektroden auch Elektrolyte. Letztere sind nicht nur flüssig, sondern können auch fest sein. Professor Dr. Hans-Jörg Deiseroth von der Universität Siegen erforscht u.a. solche potenziellen Festelektrolyte für Lithium-Batterien. In seinem Hauptvortrag fasst er den Stand der Forschung an der neuen Materialklasse der Lithium-Argyrodite zusammen.
Wasserstoffbetriebene Autos sind schon lange ein Traum der Ingenieure. Nur, wie transportiert man den nicht ungefährlichen Wasserstoff in den benötigten Mengen im Auto? Professor Dr. Michael Fröba von der Hamburger Universität stellt in seinem Hauptvortrag nanoporöse Materialien vor, die sich für die Gasspeicherung eignen. Dazu gehören die Metal-Organic Frameworks (MOFs) oder andere organisch-anorganische Hybridmaterialien.
So genannte "non-volatile memory devices" (permanente Speicher) sorgen im Computer dafür, dass die Daten beim Ausschalten nicht verloren gehen. Speicherkonzepten, die auf Änderungen des elektrischen Widerstands eines Festkörpermaterials basieren, liegen Ionentransporte und Redoxreaktionen zu Grunde. Professor Dr.-Ing. Rainer Waser, RWTH Aachen und Forschungszentrum Jülich, untersucht die Materialien und die darin ablaufenden physikalisch-chemischen, insbesondere elektrochemischen Prozesse. Deren Optimierung sieht er als einen Schlüssel für die Entwicklung künftiger permanenter Speicher an, wie er in Bayreuth darstellen wird.
Für die optische und/oder elektrische Datenspeicherung sind Phasenwechselmaterialien (phase change materials, PCM) besonders interessant. Bei Energieänderungen, selbst im Nanosekundenbereich, wechseln sie ihren Zustand reversibel zwischen amorph und metastabil kristallin. Damit ändern sich ihre opto-elektronischen Eigenschaften. Anwendung finden diese Materialien daher als Massenspeicher in wieder beschreibbaren DVDs und CD-RWs. Denkbar wären aber auch Random Access Memories (RAM) auf Basis von PCM. Professor Dr. Wolfgang Bensch von der Universität Kiel hält Germanium/Antimon/Tellur-Legierungen hierfür für geeignet oder auch Silber/Indium/Antimon/Tellur-Halbleitermaterialien. Zur Eigenschaftsänderung können diese zusätzlich mit Selen, Wismut oder Zinn dotiert werden.
Letzter Plenarvortragender in Bayreuth wird Professor Dr. Geoffrey A. Ozin von der Universität Toronto sein. Sein Vortrag befasst sich mit photonischen Nanomaterialien und wie sie aus dem Labor auf den Markt gelangten. Ozin stellt Materialentwicklungen vor, die unter den Bezeichnungen P-Ink und Elast-Ink eine neue Generation noch farbenprächtigerer Bildschirme sowie bei den biometrischen Sicherheitskontrollen und bei der Bekämpfung von Produktpiraten und Markenfälschern deutliche Verbesserungen hervorbringen könnten.
Dr. Florian Stadler gehört zu den jungen Hoffnungsträgern in der Festkörperchemie. Stadler hat in seinen Forschungsarbeiten an der Universität neue Nitridosilicate für LEDs entwickelt und damit nicht nur Grundlagenforschung betrieben, sondern auch effiziente Lumineszenzmaterialien für weitere industrielle Anwendungen hergestellt hat. Da die Ergebnisse Stadlers Arbeiten ein Meilenstein für das Maßschneidern optimierter Lumineszenz-Materialien für LED-Anwendungen sind, erhält er den Starck-Promotionspreis für Festkörperchemie und Materialforschung. Der von der Goslarer Firma H.C. Starck gestiftete Preis ist mit 5.000 Euro dotiert.
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