Schweres Pyridin kristallisiert anders

Deuteriertes Pyridin zeigt neue Kristallform – Effekt für Pharmaka nutzbar?

09.01.2009 - Deutschland

Moleküle, die Deuterium statt Wasserstoff enthalten, sind im Prinzip chemisch identisch. Dennoch kann es gravierende Unterschiede geben. So ist etwa „schweres Wasser“, also Wassermoleküle, die statt Wasserstoff Deuterium enthalten, giftig, denn es stört die hochempfindlichen biochemischen Prozesse im Körper und führt zum Stoffwechselversagen. Wie Forscher in der Zeitschrift Angewandte Chemie berichten, zeigt Pyridin, wenn seine Wasserstoffatome durch Deuterium ersetzt werden, eine zusätzlichen Kristallform, die bei „normalem“ Pyridin bisher nur unter hohem Druck erhalten werden konnte. Möglicherweise könnten die minimalen Unterschiede, die für derartige Effekte verantwortlich sind, auch für eine Verbesserung der Eigenschaftspalette pharmazeutischer Wirkstoffe herangezogen werden.

Forscher um Roland Boese von der Universität Duisburg-Essen entdeckten, dass sich deuteriertes Pyridin bei etwa –85 °C in einer anderen Kristallstruktur gewinnen lässt als diejenige, in der Pyridin normalerweise auskristallisiert. Parallel stellten britische Forscher um Simon Parsons fest, dass nichtdeuteriertes Pyridin unter hohem Druck ebenfalls diese Kristallstruktur einnimmt, da sie ein geringeres Volumen aufweist als die gewöhnliche Struktur.

Durch den Wechsel von Wasserstoff zu Deuterium verändert sich offenbar die Stärke von Wechselwirkungen zwischen einzelnen Atomgruppierungen benachbarter Moleküle, so dass andere Konstellationen energetisch günstiger werden. Derartige Wechselwirkungen zwischen Atomgruppen spielen auch eine wichtige Rolle für Pharmaka, etwa wenn sich ein Wirkstoff in die Bindetasche eines Enzyms einlagern soll. Kleine Nuancen können hier deutliche Veränderungen in der Wirksamkeit verursachen. Das ist auch der Grund, warum sich Boese und sein Team so für das deuterierte Pyridin interessieren: Pyridin ist ein wichtiger Ausgangsstoff für Pharmaka und sein Grundgerüst ist in sehr vielen Medikamenten enthalten. Boese hält es für sehr wahrscheinlich, dass sich durch Deuterieren Wirkstoffvarianten entwickeln lassen, die spezifischer wirken oder weniger Nebenwirkungen haben als ihre konventionellen Vorbilder.

Originalveröffentlichung: Roland Boese et al.; "Isotopic Polymorphism in Pyridine"; Angewandte Chemie 2009, 121, No. 4, 769–771.

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