Bald weniger Chemie auf Europas Äckern und Pflanzen
(dpa) Das EU-Parlament hat für ein Verbot gefährlicher Pflanzenschutzmittel gestimmt und damit die strengste Pestizidverordnung der Welt verabschiedet. Erstmals werden in der Europäischen Union zukünftig hochgiftige Substanzen verboten, die Krebs erregen, das Erbgut verändern oder die Fortpflanzungsfähigkeit schädigen. Die Abgeordneten stimmten am Dienstag in Straßburg mit überwältigender Mehrheit für die verschärften Regeln über Produktion, Zulassung und Einsatz von Pestiziden.
Von dem Verbot betroffen sind nach EU-Angaben 22 Substanzen, von denen zwei bereits im laufenden Jahr aus dem Verkehr gezogen werden müssen. Für die übrigen muss das Ablaufen der Zulassungen abgewartet werden, was bei einigen Pestiziden bis 2018 dauern kann. Verboten werden auch hormonell wirksame Substanzen. Für Wirkstoffe, die die Entwicklung des Immun- oder Nervensystems schädigen, sind strenge Sicherheitsprüfungen vorgesehen. Auch das Versprühen mit Hubschraubern oder Flugzeugen wird es in Zukunft nicht mehr geben.
Europa nehme damit weltweit eine Vorreiterrolle ein, sagte die deutsche grüne Berichterstatterin Hiltrud Breyer. Angesichts des massiven Lobbydrucks von Chemie-Industrie und Vertretern der Landwirtschaft "ist dieser europäische Ausstiegsbeschluss eine Sternstunde für Europa", sagte sie. Nach ihren Angaben enthält fast die Hälfte des in Europa produzierten Obstes und Gemüses einen Cocktail aus Pestiziden. Lebensmittel seien durch 354 verschiedene Pestizide belastet. "Spitzenreiter der Belastung sind Weintrauben, Bananen und Paprika". Als Durchbruch bezeichnete sie auch die Verbesserungen für den Bienenschutz. In Zukunft müsse sichergestellt werden, dass die Wirkstoffe keine schädlichen Auswirkungen auf Bienen haben.
Die strengen Regeln gelten auch für Obst- und Gemüse-Importe aus Drittländern. "Wenn Marokkaner weiterhin Weintrauben in die Union exportieren wollen, müssen sie auch die entsprechenden Qualitätskriterien erfüllen" sagte die christdemokratische Berichterstatterin Christa Klass.
Einschränkend für das Verbot können jedoch die Mitgliedsstaaten Ausnahmeregelungen für höchstens fünf Jahre beschließen, wenn es für die betroffenen Substanzen keine alternativen Mittel gibt. Dies gilt für Notfälle wie zum Beispiel Seuchen bei Getreide.
Warnungen von Bauernverbänden und der Industrie vor Ernteeinbußen nannte die grüne Berichterstatterin Hiltrud Breyer "Panikmache". Von dem Verbot betroffen seien lediglich fünf bis acht Prozent der Pestizide. Die Industrie sei aufgerufen, nach Alternativen zu suchen.
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