Neue flammgeschützte Polyamide und Polyester

Großes Anwendungspotenzial im Bereich Elektro/ Elektronik und im Verkehrs- und Bauwesen

08.04.2002

Leverkusen – Eine exzellente Flammwidrigkeit bieten neue, teils halogenfreie Typen der Polyamide Durethan® und der Polyester Pocan®, die Bayer zur Zeit in den Markt einführt. "Bei ihrer Entwicklung haben wir großen Wert darauf gelegt, sie auch mit hervorragenden elektrischen und mechanischen Eigenschaften auszustatten", erklärte Dr. Michael Wagner, Spezialist in der Forschung des Geschäftsbereichs Kunststoffe. Dies ist zum Beispiel bei Durethan DP 2-1851/30 (PA 6) und Durethan DP 2-2851/30 H1.0 (PA 6.6) gelungen. Die Rezepturen der glasfaserverstärkten Polyamide sind speziell auf Elektro/ Elektronikanwendungen zugeschnitten. Die Brandschutzausrüstung auf Basis organischer Bromverbindungen sorgt selbst bei geringen Wandstärken für sehr gute Flammwidrigkeiten, was die zwei wichtigsten Beurteilungsverfahren, die strenge US- Prüfnorm UL 94 V (Underwriter Laboratories) sowie die Glühdrahtprüfung, bestätigten.

Beide Polyamide bestehen den UL 94 V-Test selbst bei 0,8 Millimeter Prüfkörperdicke mit der besten Klassifizierung V-0. Bei diesem Test werden fünf Prüfkörper zweimal für zehn Sekunden mit einem Bunsenbrenner aus definiertem Abstand beflammt. Das Material wird um so besser eingestuft, je kürzer der Probekörper nach dem Entfernen der Flamme nachbrennt. Außerdem darf der Werkstoff möglichst nicht brennend abtropfen.

Spitzenwerte zeigen beide Polyamide auch bei der Glühdrahtprüfung nach GWFI (glow- wire flammability index). Hierbei wird ein Heizdraht für 30 Sekunden an einen Prüfkörper – wie etwa eine Rundscheibe – gepresst. Ermittelt wird die Temperatur, bei der der brennende Probekörper nach Entfernen des Glühdrahtes innerhalb von 30 Sekunden erlischt. Weiterhin darf ein unter der Probe liegendes Seidenpapier nicht durch abtropfendes Material oder glühende Teile entzündet werden. Beide Polyamide erfüllen die Anforderungen auch bei der maximalen Glühdrahttemperatur von 960 °C.

In puncto Entzündungsverhalten übertrifft Durethan DP 2-2851/30 H1.0 sogar als eines der wenigen Produkte im Markt die verschärften Anforderungen der Glühdrahtprüfung nach GWIT (glow wire ignition temperature), einer Prüfnorm, die aktuell speziell für Kunststoffbauteile in Haushaltsgeräten zum Einsatz kommt. Bei dieser wird der Probekörper 30 Sekunden lang in Kontakt mit einem Glühdraht gehalten, der zum Beispiel ein defektes Elektrokabel simuliert. Der Probekörper darf, falls er sich entzündet, nicht länger als fünf Sekunden brennen. "Unser Produkt besteht den Test nicht nur bei einer Glühdrahttemperatur von 750 °C (GWIT 775 °C), sondern sogar noch bei Temperaturen oberhalb 800 °C und bietet somit eine beträchtliche Sicherheitsreserve", freut sich Wagner. "Nur wenige kommerzielle Polyamide können hier mithalten."

Auch die elektrischen Kennwerte beider Polyamide überzeugen. So ist ihre Kriechstromfestigkeit nach CTI A (comparative tracking index) mit über 400 Volt gegenüber vergleichbaren bromhaltigen Produkten bemerkenswert hoch, was ihnen Zugang zu vielen Anwendungen eröffnet. Die hohe Kriechstromfestigkeit stellt sicher, dass zwischen unter Spannung stehenden Metallteilen kein Strom über die isolierende Kunststoffoberfläche fließt, was etwa zu Kurzschlüssen oder Gerätedefekten führen kann.

Ein Polyamid für mehr Sicherheit unterwegs Dass sich der Einsatz flammgeschützter Polyamide nicht allein auf das Elektro-/ Elektronik-Segment beschränken muss, beweist Durethan DP 2-1801/30 H1.0 (PA 6). Die Flammschutzausrüstung des mit Glasfasern (30 Prozent) verstärkten Thermoplasten ist vollständig halogenfrei, weshalb sich das Allroundtalent bei Bränden besonders raucharm verhält. Diese Stärke prädestiniert es für Anwendungen im Verkehrswesen wie etwa Sitzverkleidungen oder andere Innenausbauteile in Schienenfahrzeugen. Hier hat das Material seine Eignung bereits klar bewiesen – in Tests nach DIN 5510 bei der Bayer- Brandprüfstelle in Leverkusen, die vom Eisenbahnbundesamt anerkannt wird. Außerdem erreicht es die wichtige B1- Einstufung des Bauwesens, was ihm zusätzlich Einsatzmöglichkeiten im Bausektor eröffnet.

Halogenfreie Polyester – korrosionsfest und farbtreu Halogenfrei flammgeschützte Polyester für Elektro-/Elektronik-Anwendungen sind nach wie vor eine Rarität. "Hier hat Bayer zwei echte Alternativen zu halogenhaltigen Standardtypen entwickelt – und zwar das glasfaserverstärkte (30 Prozent) PBT/PET Blend Pocan® DP 4035 sowie das unverstärkte Polybutylenterephthalat (PBT) Pocan® DP 2004", erklärte Wagner. Beide Thermoplaste zeichnen sich durch ein breites Eigenschaftsspektrum auf hohem Niveau aus. Zum Beispiel ist die Rezeptur auf die Korrosionsfestigkeit hin optimiert. Nach Alterung treten deshalb selbst bei höheren Temperaturen so gut wie keine flüchtigen Komponenten aus, die metallische Kontakte belegen und angreifen könnten. Dies verbessert die Haltbarkeit und Sicherheit von Elektrogeräten. Auch das Brandverhalten der beiden Thermoplaste überzeugt. So erfüllen sie die UL 94-Klassifizierung V-2 und bestehen die Glühdrahtprüfung nach GWFI bei 960 °C. Speziell Pocan DP 4035 zeigt darüber hinaus hohe Lichtbogenfestigkeiten und gute Werte beim Hot Wire Ignition-Test (HWI), der das Entzündungsverhalten des Materials untersucht, wenn es durch Überlast erhitzt wird. Die Kriechstromfestigkeit dieses Materialtyps ist mit mehr als 400 Volt (CTI A) zudem wesentlich höher als die vergleichbarer halogenhaltiger Varianten.

Beide neuen Polyester verfärben sich bei Wärmeeinwirkung nur geringfügig, weshalb helle Bauteile auch nach längerem Einsatz ein ansehnliches Äußeres behalten. In ökologischer Hinsicht sind sie ebenfalls Vorzeigekandidaten, erfüllen sie doch die Anforderungen bekannter Umweltzeichen wie "Blauer Engel", "EU-Umweltzeichen" oder "TCO `99". Potentielle Anwendungen sind zum Beispiel Spulenträger oder Kappen von Elektroschutzschaltern.

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