In Schale geworfen: Netzwerke aus Chitinfilamenten sind integrale Bestandteile der Silikatschale von Kieselalgen

03.12.2009 - Deutschland

Ein ganzer Mikrokosmos bizarr geformter Lebewesen eröffnet sich, wenn man Kieselalgen, den Hauptbestandteil des Meeresphytoplanktons, unter dem Mikroskop betrachtet. Die regelmäßig strukturierten Silikatschalen dieser einzelligen Kleinstlebewesen haben es Wissenschaftlern angetan, denn sie sind besonders interessante Beispiele für natürliche Hybridmaterialien und zeichnen sich durch außergewöhnliche mechanische und optische Eigenschaften aus. Noch sind die Mechanismen der zu Grunde liegenden Biomineralisation nicht vollkommen verstanden, dennoch dienten die Silikatschalen schon häufig als Inspiration für die Synthese künstlicher Nanostrukturen. Forscher von der TU Dresden und dem Max-Planck-Institut für chemische Physik fester Stoffe in Dresden konnten jetzt einen weiteren Bestandteil der Zellwände einer Kieselalge identifizieren. Wie das Team um Eike Brunner in der Zeitschrift Angewandte Chemie berichtet, fanden sie ein organisches Netzwerk aus miteinander vernetzten Chitinfasern.

Chitin ist eine lange Molekülkette aus Zuckerbausteinen, ein so genanntes Polysaccharid. Neben Cellulose ist es das verbreitetste Polysaccharid auf der Erde. Im Zusammenspiel mit Calciumcarbonat (Kalk) und Proteinen bildet es unter anderem den „Panzer“ von Insekten und Krebsen. „Bei der Biomineralisation solcher kalkbasierter Schalen und Strukturen spielt Chitin eine wichtige Rolle“, erläutert Brunner. „Wir haben jetzt erstmals nachgewiesen, dass auch die silikatischen Zellwände der Kieselalge Thalassiosira pseudonana ein auf Chitin basierendes Netzwerk enthalten.“

Die Forscher lösten die Silikatbestandteile von Kieselalgenschalen mit einer fluoridhaltigen Lösung auf. Die Überbleibsel erscheinen unter dem Rasterelektronenmikroskop als filigrane, netzartige Gerüstsubstanz. Dieses Netz gleicht der Form und Größe der Zellwand und besteht aus miteinander vernetzten Fasern mit einem durchschnittlichen Durchmesser von etwa 25 nm. Spektroskopische Untersuchungen zeigten, dass diese Fasern Chitin sowie weitere, bisher unbekannte Biomoleküle enthalten.

„Unsere Ergebnisse lassen darauf schließen, dass die chitin-basierte netzwerkartige Struktur als Grundgerüst für die Silikatabscheidung dient, während weitere Biomoleküle diese aktiv beeinflussen“, so Brunner. „Dieser Mechanismus wäre dann dem der Calciumcarbonat-Biomineralisation analog. Zusätzlich könnten die Netzwerke im Inneren der Zellwand eine mechanische Stabilisierungsfunktion haben.“

Originalveröffentlichung: Eike Brunner et al.; "Chitin-basierte organische Netzwerke - ein integraler Bestandteil des Zellwandbiosilicates der Diatomee Thalassiosira pseudonana"; Angewandte Chemie 2009

Weitere News aus dem Ressort Wissenschaft

Meistgelesene News

Weitere News von unseren anderen Portalen

So nah, da werden
selbst Moleküle rot...