analytica Conference 2010: Trendsetter in analytischer Chemie und Bioanalytik
Besonderes Highlight der analytica Conference sind die vier Plenarvorträge, mit denen die drei Konferenztage jeweils beginnen. Zwei davon werden am Mittwoch, den 24. März, von den Preisträgern des analytica Forschungspreises gehalten, der von der Firma Roche gestiftet und von der GBM verliehen wird. Die Preisträger und ihre wissenschaftlichen Leistungen selbst werden am ersten Messetag im Rahmen einer Pressekonferenz bekannt gegeben.
Plenarvortrag: Kopplung hoch auflösender analytischer Verfahren
Eröffnet wird die analytica Conference am Dienstag (23. März) mit dem Plenarvortrag „Kopplung hoch auflösender analytischer Verfahren in den Lebenswissenschaften“, gehalten von Professor Dr. Ian Wilson, Senior Principal Scientist bei AstraZeneca, Macclesfield/Großbritannien, und Gastwissenschaftler am Department für Biomolekulare Medizin, Imperial College, London. Der Vortrag umreißt eine bemerkenswerte Entwicklung in der instrumentellen Analytik, die in den vergangenen 20 bis 30 Jahren insbesondere der Pharmaforschung zugute kam. Beschrieben wird die sukzessive Entwicklung von der Bestimmung von Molekülstrukturen mithilfe der Massenspektroskopie (MS) bis zur Elektrospray Ionisation, die erstmals die direkte Kopplung von Flüssigchromatographie (LC) direkt mit der Massenspektrometrie erlaubte. In Wilsons Labors wird auch die Magnetische Resonanzspektroskopie (NMR) eingesetzt. Sie ist vor allem für das noch junge Forschungsgebiet der Pharmacometabolomics von Interesse, mit dem sich das Wissen über die Stoffwechselvorgänge auf molekularer Ebene erweitert. Wilson berichtet in seinem Plenarvortrag über die Möglichkeiten der Weiterentwicklung der NMR-Spektroskopie auf biologische Fragestellungen, wie beispielsweise Toxizitätsstudien und molekulare Krankheitsverläufe. Interessante Aspekte, die daraus abgeleitet werden können, sind unter anderen die individuelle Medikamentierung oder personalisierte Ernährungsempfehlungen.
Den vierten Plenarvortrag über die „Wege der modernen Labormedizin für eine personalisierte Medizin“ hält am Donnerstag früh Prof. Dr. Joachim Thiery vom Institut für Laboratoriumsmedizin, Klinische Chemie und Molekulare Diagnostik des Universitätsklinikums in Leipzig.
Symposium: Leistungsstarke Trenn- und Detektionsmethoden
Unter Leitung des Klinischen Chemikers und Biochemikers Professor Dr. Dr. Karl-Siegfried Boos, der im Institut für Klinische Chemie am Klinikum der Universität München forscht, vertiefen Wissenschaftler am Mittwoch Vormittag (24. März) im Rahmen eines Symposiums das Thema „Leistungsstarke Trenn- und Detektionsmethoden für die Lebenswissenschaften“. Zunächst wird Professor Dr. Klaus K. Unger, Emeritus der Universität Mainz, auf die Entwicklung der Flüssigchromatographie und ihre Schlüsselrolle in den Lebenswissenschaften eingehen. „Trotz über eines Jahrhunderts Chromatographie-Forschung sind noch immer viele Fragen offen. Welche wichtigen Beiträge die Flüssigchromatographie heute zur Aufklärung von molekularen Krankheitsabläufen auf der Femto-Mol-Ebene und trotz der Komplexität der biologischen Systeme leisten kann, hätte am Anfang der Entwicklung niemand für möglich gehalten“, sagte Unger.
Wie groß dieses Forschungsfeld der Trenn- und Detektionsmethoden für die analytischen Chemiker tatsächlich ist, weiß Privatdozent Dr. Philippe Schmitt-Kopplin vom Helmholtz Zentrum München, Institut für Ökologische Chemie. So geht man heute davon aus, allenfalls zwei Prozent aller Metabolite in Mensch und anderen Lebewesen (inklusive Pflanzen und Bakterien) überhaupt zu kennen. Dabei sind Zersetzungsprozesse großer Biomoleküle, die in Wasser, Boden und Luft stattfinden, noch nicht einmal berücksichtigt.
Dass auch die neuen Ansätze in der Systembiologie ohne die gekoppelten, äußerst sensitiven Trenn- und Detektionsmethoden undenkbar wären, thematisiert Professor Dr. Michael Lämmerhofer vom Institut für Analytische Chemie an der Universität Wien. Das für seine Methodenfortentwicklungen bekannte Institut demonstriert drei Methoden, mit denen um die 300 Metabolite bestimmt werden können.
Dr. Bernd Kammerer vom Lehrstuhl für Medizinische Chemie der Universität Tübingen schließlich zeigt am Beispiel der Krebsforschung, wie hilfreich die neuen analytischen Detektionsmethoden tatsächlich sind: eine Erfolg versprechende Studie des Instituts, die zwischen Brustkrebspatientinnen und gesunden Probanden durchgeführt wird, zeigt, dass Krebszellen andere Stoffwechselprodukte hervorbringen als gesunde Zellen und somit in Blut und Urin als Biomarker herangezogen werden können.
Den Abschluss des Symposiums bildet Dr. Rosa Morello vom Laboratorium für BioSeparation am Institut für Klinische Chemie, Klinikum der Universität München. Sie zeigt am Beispiel der LC-MS/MS Analyse von Immunsuppressiva, dass trotz der hochtechnisierten Trenn- und Detektionsverfahren die Präanalytik und die damit verbundene Aufbereitung komplexer biologischer Flüssigkeiten von großer Bedeutung für valide Analysenresultate ist. Mit Blick auf Wirkstoffe, die von transplantierten Patienten lebenslang eingenommen werden müssen, hat Dr. Morello ein Aufbereitungsverfahren entwickelt, das es erstmalig erlaubt, diese Medikamente direkt im Vollblut vollautomatisiert zu quantifizieren.