Umverteilung giftiger Chemikalien aus der Vergangenheit
Der Monsun setzt in Südasien heute verbotene Substanzen aus früher kontaminierten Böden frei
Gerhard Lammel
Chemikalien wie Dichlordiphenyltrichlorethan (DDT), Hexachlorcyclohexan (HCH) und polychlorierte Biphenyle (PCB) gehören zu den im Stockholmer Übereinkommen gelisteten Substanzen. Zum Schutz von menschlicher Gesundheit und Umwelt regelt diese Konvention Herstellung und Gebrauch langlebiger organischer Schadstoffe.
In der Vergangenheit wurden in Südasien persistente organische Schadstoffe insbesondere als Pestizide in der Landwirtschaft verwendet. Diese Region gilt deswegen als Hotspot. Bisherige Studien zur Umweltbelastung des indischen Subkontinents beschränkten sich hauptsächlich auf städtische Gebiete, während ländliche Regionen bislang kaum untersucht wurden.
Um die Wechselwirkung zwischen den Monsun-Luftmassen, die über den Indischen Ozean herangetragen werden, und der kontaminierten Böden zu verstehen, führten die Wissenschaftler Messungen in den Westghats durch, einem Gebirge an der indischen Westküste. „Es war sehr wichtig, aber ebenso schwierig für uns, einen geeigneten Standort in Indien zu finden, um unsere Hypothese zu prüfen. Wir wollten wissen, ob der Rückgang der Schadstoffkonzentration in der Luft zu Beginn des Sommermonsuns die im Boden gespeicherten Chemikalien wieder aktiviert und freisetzt“, sagt Sachin S. Gunthe, Forscher am Indian Institute of Technology in Chennai.
Die Analyse der entnommenen Boden- und Luftproben belegte, dass die Ankunft des Sommer-Monsuns die Chemikalien HCH und PCB, die heutzutage verboten sind, aus den Böden neu freisetzt oder deren anhaltende Ausdünstung verstärkt. Die Studienergebnisse zeigten zudem, dass je mehr sich der Monsun im Juni und Juli über dem Subkontinent nach Norden und Osten ausbreitet, desto mehr verunreinigen die Chemikalien die Luft.
„Sowohl die Feldmessungen als auch unsere Modellstudien zeigen einen bisher übersehenen Teil des Schadstoffkreislaufs auf dem indischen Subkontinent“, sagt Gerhard Lammel, Gruppenleiter am Max-Planck-Institut für Chemie und wissenschaftlicher Leiter der Studie. „Ein Teil der Schadstoffe in den Böden Indiens werden durch den Monsun einmal im Jahr freigesetzt und großräumig verteilt“, fügt er hinzu.
Die Untersuchungen der Kontamination der Böden und des chemischen Austausches zwischen Böden und Atmosphäre dienen der Beurteilung der Schadstoffverteilung in der Region und weltweit. Das Remobilisierungspotenzial organischer Chemikalien von Land- und Meeresoberflächen ist wichtig für die Risikobewertung von naturfremden Stoffen aller Art.
Originalveröffentlichung
"Re-volatilisation of soil accumulated pollutants triggered by the summer monsoon in India"; Gerhard Lammel, Céline Degrendele, Sachin S. Gunthe, Qing Mu, Akila Muthalagu, Ondřej Audy, Chelackal V. Biju, Petr Kukučka, Marie D. Mulder, Mega Octaviani, Petra Příbylová, Pourya Shahpoury, Irene Stemmler, and Aswathy E. Valsan; Atmos. Chem. Phys.; 2018, 18, 11031-11040
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