Bessere Halbleiterchips: Defekten in der Nanostruktur auf der Spur

16.01.2019 - Österreich

Kein Material ist perfekt. Auf atomarer Skala lassen sich kleine Defekte in der Halbleiterstruktur nie vollständig vermeiden. Wenn jedoch elektronische Bauteile immer kleiner werden, dann wirken sich solche Defekte immer stärker aus. Modernste Technologien leiden heute unter diesem Problem, ihre Leistungsfähigkeit wird durch eine Vielzahl von Materialdefekten stark eingeschränkt.

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Nanostrukturen berechnen und messen - das neue CD-Labor verbindet mehrere Forschungsansätze.

An der Technischen Universität Wien wurde nun ein Christian Doppler Labor eingerichtet, in dem man dieses Problem mit neu entwickelten Methoden erforschen wird, um Halbleiterchips gemeinsam mit Industriepartnern besser und zuverlässiger zu machen. Am 15. Januar 2019 wurde das Labor nun offiziell eröffnet. Unterstützt wird es vom Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort sowie von den Industriepartnern Infineon Technologies Austria AG, ams AG und Global TCAD Solutions.

„Halbleitermaterialien gehören zu den Grundlagen der Digitalisierung“, sagt Dr. Margarete Schramböck, Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort. „Um diese so wichtigen Materialien noch besser zu machen, ist die Kooperation von Wissenschaft und innovativen Unternehmen im CD-Labor ideal. Das stärkt unsere Unternehmen in einer wichtigen Zukunftsbranche und gleichzeitig den Wissenschaftsstandort Österreich.“

Winzige Fehler stören den Strom

„In der Halbleitertechnik werden heute unterschiedliche Arten von Materialien eingesetzt“, erklärt Michael Waltl vom Institut für Mikroelektronik der Technischen Universität Wien, der das neu eröffnete Christian Doppler Labor leitet. „Wir forschen etwa an Silizium oder an Siliziumcarbid, das besonders für die Hochleistungselektronik sehr vielversprechend ist.“

Alle Halbleitermaterialien haben ein großes gemeinsames Problem: Sie enthalten kleine Defekte. In der regelmäßigen Kristallstruktur sind manchmal einzelne Atome nicht ganz in der richtigen Geometrie angeordnet, und auch an den Grenzflächen zwischen verschiedenen Materialien können atomare Fehler entstehen, das lässt sich bei noch so sorgfältiger Produktion nicht vollständig verhindern. Diese Fehlstellen in der Kristallstruktur können das elektrische Verhalten eines Bauteils entscheidend verändern. Sie können zum Beispiel ein Elektron einfangen, es später wieder abgeben und somit den Stromfluss durch einen Transistor maßgeblich verändern.

In einem großen Bauteil sind die Auswirkungen eines einzelnen Defektes verschwindend gering. „In größeren Strukturen konnte man bisher nur die Überlagerung von vielen Defekten beobachten. Einzelne Defekte und ihre Ursache ließen sich nicht genau erforschen“, sagt Michael Waltl. Das soll sich im neuen Christian Doppler Labor nun ändern.

Einzelne Defekte messbar machen

Für das neue Christian Doppler Labor wurde eine Methode entwickelt, mit der es gelingt einzelne Defekte in größeren Transistoren exakt zu messen, ohne die Struktur des Bauteils dabei wesentlich zu verändern. Dabei werden die Transistoren mit zusätzlichen elektrischen Kontakten versehen. Durch geeignete Wahl der elektrischen Spannung kann der Strompfad durch das Material nun gezielt verändert werden. „Wir können durch die zusätzlichen Kontakte beeinflussen, welchen Pfad der elektrische Strom im Transistor nehmen soll“, erklärt Michael Waltl. „Damit können wir gezielt austesten, wo sich die einzelnen Defekte befinden und wie sich Materialfehler auf die Funktionsweise der Bauelemente auswirken.“ So lässt sich nun unter anderem das Rauschen von Bauteilen, das bisher nur statistisch untersucht werden konnte, durch die kombinierte Wirkung einzelner atomarer Defekte genau erklären. Außerdem werden im neuen Labor auch besonders kleine elektronische Bauteile untersucht, die nur eine überschaubare Anzahl an Defekten aufweisen – in diesem Fall ist auch die Auswirkung eines einzigen Fehlers in der Atomstruktur bereits messbar.

Messungen allein genügen allerdings nicht. Zusätzlich verwenden Waltl und sein Team auch aufwändige Computersimulationen. So kann man die neuen Erkenntnisse über das Materialverhalten gleich in die Praxis umsetzen und vorherberechnen, was sie für das Verhalten elektronischer Bauteile konkret bedeuten. „Experiment, Theorie und Simulation greifen bei uns nahtlos ineinander“, sagt Michael Waltl. „Das ist ein großer Pluspunkt in unserer Forschungsgruppe. Nachdem wir alle drei Bereiche im selben Labor vereinen, können wir viele Fragestellungen viel effizienter untersuchen als andere Forschungsgruppen.“

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