Gegen Plastikmüll im Meer
Forscher entwickeln biobasierte Kunststoffe, die sich unter marinen Bedingungen abbauen
Angela Ottmann, BUND Inselgruppe Föhr
Marine Litter - die Meeresverschmutzung mit festen Abfällen - stellt eine zunehmende, „schleichende“ Umweltverschmutzung dar. Nach Schätzungen gelangen weltweit jährlich 10 Millionen Tonnen Abfälle in die Meere, etwa 70 Prozent davon sind Kunststoffe. „Natürlich steht die Abfallreduzierung als Lösungsstrategie an erster Stelle, doch es gibt Bereiche, in denen sich Kunststoffeinträge systembedingt nicht ganz vermeiden lassen, etwa in der Fischerei und Aquakultur. Hier wären Polymere, die sich im Meer abbauen, sinnvoll“, erklärt Projektleiter Professor Hans-Josef Endres.
Im Projekt mit dem Kürzel MabiKu (marin abbaubare, biobasierte Kunststoffe) konzentrieren sich die Forscher vor allem auf die küstennahe deutsche Nord- und Ostsee. In einem ersten Schritt identifizieren sie Kunststoffprodukte, die dort häufig ungewollt landen. Fest geplant ist es zum Beispiel, gemeinsam mit dem Hersteller Engel-Netze GmbH ein Fasermaterial für biobasierte Netze oder ein sog. „Dolly Rope“ zu entwickeln – eine Scheuerschutzmatte für die Grundfischerei. Diese Matten schützen das eigentliche Fangnetz, fransen durch den Bodenkontakt jedoch schnell aus oder reißen ab. Die feinen, losen Fäden aus den Matten werden vielen Tieren zum Verhängnis. Außerdem will das Team an marin abbaubaren Spritzgusskomponenten und Folien für Verpackungen arbeiten.
Die besonders vielversprechenden Materialien werden optimiert, etwa zu neuartigen Blends kombiniert oder mit Füllstoffen angereichert und zu Demonstratorprodukten unterschiedlicher Dimensionen verarbeitet. Geplant ist neben den Fasern und Folien auch ein kompaktes Spritzgießbauteil. Diese Demonstratoren unterziehen die Forscher dann wieder marinen Abbautests.
Eine besondere Herausforderung ist es, den Materialmix so zu wählen, dass die Produkte in der Gebrauchsphase ihren eigentlichen Zweck möglichst lange und gut erfüllen und erst dann zerfallen, wenn sie zum „Meeresmüll“ geworden sind. Das ist besonders bei Produkten schwer, die auch bestimmungsgemäß im Meer verwendet werden, wie Fischereinetzen. „Hier können zum Beispiel Beschichtungen, die ihre schützende Funktion erst nach längerem Wasser- oder Bodenkontakt aufgeben, ein möglicher technischer Ansatz sein“, erklärt Endres.
Die übergeordneten Ziele von MabiKu, die sich in der dreijährigen Laufzeit allerdings nicht vollständig erreichen lassen werden, sind die Etablierung einer offiziell anerkannten Zertifizierungsmethode für den marinen Abbau von Biopolymeren und die Markteinführung erster entsprechender Produkte. Hieran wollen die Projektpartner und auch der Zertifizierer DIN CERTCO nach Projektende weiterarbeiten.
Das Vorhaben wird vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) über den Projektträger Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR) gefördert.
Meistgelesene News
Themen
Organisationen
Weitere News aus dem Ressort Wissenschaft
Holen Sie sich die Chemie-Branche in Ihren Posteingang
Ab sofort nichts mehr verpassen: Unser Newsletter für die chemische Industrie, Analytik, Labor und Prozess bringt Sie jeden Dienstag und Donnerstag auf den neuesten Stand. Aktuelle Branchen-News, Produkt-Highlights und Innovationen - kompakt und verständlich in Ihrem Posteingang. Von uns recherchiert, damit Sie es nicht tun müssen.