Problemstoffe effizient beseitigen

Viele Kläranlagen entfernen chemische Substanzen nicht vollständig aus dem Abwasser

21.05.2019 - Schweiz

Mikroverunreinigungen sind eine grosse Belastung für unsere Gewässer. Sie aus dem Abwasser zu beseitigen, ist technisch jedoch sehr aufwändig. ETH-Forscher haben nun einen Ansatz entwickelt, mit dem sich diese problematischen Substanzen effizient beseitigen lassen.

ETH Zürich / Fajer Mushtaq

Am Beispiel von verschiedenen organischen Pigmenten, wie sie beispielsweise in der Textilindustrie verwendet werden, können die Forschenden zeigen, wie wirksam ihr Ansatz ist. Bild links vor der Behandlung, rechts nach der Behandlung.

Wir alle nutzen in unserem Alltag eine Vielzahl von chemischen Substanzen. Kosmetikartikel, Medikamente, Antibabypillen, Pflanzendünger, Reinigungsmittel – alle diese Verbindungen erleichtern zwar unser Leben. Doch für die Umwelt hat der Einsatz dieser Produkte ungünstige Folgen. Denn viele dieser Verbindungen können in den heutigen Kläranlagen nicht vollständig aus dem Abwasser beseitigt werden. Als Mikroschadstoffe gelangen sie in der Folge in die Umwelt und belasten Fauna und Flora in unseren Gewässern.

Im Rahmen einer Revision des Gewässerschutzgesetzes hat das Parlament deshalb im Jahr 2014 beschlossen, bis 2040 ausgewählte Kläranlagen mit einer zusätzlichen Reinigungsstufe zur Entfernung von Mikroverunreinigungen auszurüsten. Obwohl die Finanzierung grundsätzlich gesichert ist, stellt das Vorhaben die Betreiber der Kläranlagen vor eine Herausforderung. Denn die kritischen Stoffe lassen sich nur mit aufwändigen Verfahren beseitigen, die in der Regel auf Ozon, Aktivkohle oder Licht basieren.

Nanopartikel fördern Abbau

Forscher des ETH-Instituts für Robotik und Intelligente Systeme haben nun einen Ansatz entwickelt, mit dem man diese Substanzen möglicherweise auf elegante Weise einfacher beseitigen kann. Mithilfe von sogenannt multiferroischen Nanopartikeln gelang es ihnen, die Zersetzung von Chemikalien-Rückständen in verunreinigtem Wasser anzuregen. Die Nanopartikel sind dabei nicht direkt in die chemische Reaktion involviert, sondern beschleunigen als Katalysatoren die Umwandlung der Substanzen in harmlose Verbindungen.

«Solche Nanopartikel werden in der Industrie bereits an verschiedenen Orten als Katalysatoren bei chemischen Reaktionen eingesetzt», erklärt Salvador Pané, der als Senior Scientist diese Forschung massgeblich vorangetrieben hat. «Nun konnten wir zeigen, dass sie auch bei der Reinigung von Abwasser hilfreich sein können.»

Reduktion um 80 Prozent

Für ihre Versuche haben die Forscher wässrige Lösungen mit Spuren von fünf weit verbreiteten Medikamenten verwendet. Die Experimente bestätigen, dass die Nanopartikel die Konzentration dieser Substanzen im Wasser um mindestens 80 Prozent reduzieren können. «Darunter waren auch zwei Substanzen, die sich mit der herkömmlichen Methode mit Ozon nicht beseitigen lassen», unterstreicht Fajer Mushtaq, Doktorandin in der Gruppe, die Bedeutung dieser Ergebnisse.

«Bemerkenswert ist, dass wir mithilfe des Magnetfelds die Wirkung der Nanopartikel präzis steuern können», erklärt Xiangzhong Chen, der als Postdoktorand ebenfalls in das Projekt involviert war. Die Nanopartikel haben einen Kern aus Cobalt-Ferrit, der von einem Mantel aus Bismut-Ferrit umgeben ist. Legt man von aussen ein alternierendes Magnetfeld an, werden Teilbereiche der Partikeloberfläche elektrisch positiv und andere Bereiche negativ geladen. Diese Ladungen an der Oberfläche führen dazu, dass sich im Wasser reaktive Sauerstoffradikale bilden, welche die organischen Schadstoffe zu unschädlichen Verbindungen aufbrechen. Die magnetischen Nanopartikel lassen sich anschliessend auf einfache Weise wieder aus dem Wasser entfernen, hält Chen fest.

Positive Reaktionen aus der Praxis

Aus Sicht der Forscher ist der neue Ansatz vielversprechend, weil er sich technisch einfacher realisieren lässt als beispielsweise die Behandlung des Abwassers mit Ozon. «Die Abwasserindustrie ist sehr interessiert an unseren Resultaten», berichtet Pané.

Bis zur praktischen Anwendung dauert es allerdings noch eine Weile, wurde das Verfahren bisher doch erst im Labor untersucht. Immerhin: Ein vom Schweizerischen Nationalfonds und Innosuisse gemeinsam finanziertes Bridge-Projekt, mit dem der Transfer in die Praxis unterstützt werden soll, wurde bereits bewilligt, erzählt Mushtaq. Und auch die Gründung einer Spin-off-Firma, mit der die Forschenden ihre Idee bis zur Marktreife weiterentwickeln wollen, steht bereits fest.

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