Neue Aussicht für atomare Präzisionsdotierung

23.05.2019 - Österreich

Die größtmögliche Kontrolle über technische und elektronische Komponenten wäre, Bauteile Atom für Atom präzise herzustellen. Nun machte eine internationale Kollaboration unter der Leitung von Toma Susi der Universität Wien und Ju Li des MIT einen weiteren Schritt in diese Richtung. Das Team verbesserte eine ursprünglich in Wien entdeckte Methode, um Dotieratome mit einem stark fokussierten Elektronenstrahl neu anzuordnen. Die in der Fachzeitschrift Science Advances beschriebenen Ergebnisse könnten letztlich zu neuen Verfahren zur Herstellung von Quantencomputern oder Sensoren führen. Zeitgleich erscheint in der Fachzeitschrift Nature Reviews Physics ein von Toma Susi verfasster Review-Artikel über das aktuelle Verständnis der Auswirkungen einer solchen Elektronenbestrahlung auf verschiedene zweidimensionale Materialien.

© Toma Susi / Universität Wien (CC-BY)

Elektronenstrahl-Manipulation eines Phosphor-Fremdstoffs in Graphen. Der grüne Punkt kennzeichnet die Stelle, auf die der Elektronenstrahl gerichtet war.

Materialien werden durch die Anordnung ihrer Atome bestimmt. Wenn man die Atome gezielt neu anordnen kann, gewinnt man Kontrolle über die Eigenschaften des Materials. Die Positionen einzelner Atome können zwar seit mehr als zwei Jahrzehnten durch Aufnehmen von Atomen auf der nadelartigen Spitze eines Rastertunnelmikroskops manipuliert werden. Dies ist jedoch ein relativ langsamer mechanischer Vorgang. Mithilfe einer neuen Technik, die von Toma Susi und seinem Team an der Universität Wien entwickelt wurde, können Forscher Atome mit einem relativistischen Elektronenstrahl in einem Rasterdurchstrahlungselektronenmikroskop (STEM) manipulieren – durch magnetische Linsen vollständig elektronisch gesteuert und gänzlich ohne mechanisch bewegliche Teile.

"Dies ist eine aufregende neue Art für die Manipulation von Atomen", sagt Susi. Mithilfe elektronischer Steuerungen und künstlicher Intelligenz "können wir Atome schließlich im Mikrosekundenbereich manipulieren", erklärt Ju Li vom MIT. "Das ist um viele Größenordnungen schneller, als wir sie jetzt mit mechanischen Sonden manipulieren können." Mit dem extrem fokussierten Elektronenstrahl, der in etwa so breit wie ein einzelnes Atom ist, können die Forscher Atome zu einem Sprung aus ihrer ursprünglichen Position im Material anregen. Indem sie gezielt den exakten Winkel und die Position von Strahl und Probe wählen, können sie bestimmen, wohin das Atom am wahrscheinlichsten springen wird. Neben den umfassenden experimentellen Tests entwickelte das Team auch eine theoretische Grundlage für diese Vorhersage.

In den Experimenten kontrollierte das Team hauptsächlich Phosphoratome, die als Dotieratome in Siliziumchips unserer Computer weit verbreitet sind. Diese Fremdatomen beeinflussen wesentlich die elektronischen, optischen und andere Eigenschaften des Ausgangmaterials. Die Änderungen lassen sich vorhersagen, wenn die Position der Fremdatome genau bekannt ist. Hier ersetzen die Phosphoratomen einige der Kohlenstoffatome in einer Schicht aus Graphen, einem für neue technologische Anwendungen höchst interessanten Material.

Dies ist das erste Mal, dass elektronisch unterschiedliche Fremdatome in Graphen manipuliert wurden. "Obwohl wir bereits früher mit Silizium gearbeitet haben, ist Phosphor sowohl wegen seiner elektrischen als auch wegen seiner magnetischen Eigenschaften möglicherweise interessanter. Wie wir jedoch jetzt festgestellt haben, verhält es sich auch unerwartet anders. Jedes chemische Element könnte neue Überraschungen und Möglichkeiten bergen", fügt Susi hinzu.

Zeitgleich erscheint ein Review-Artikel, der gemeinsam mit den derzeitigen und ehemaligen Wiener Kollegen Jani Kotakoski und Jannik Meyer von Toma Susi verfasst wurde und den aktuellen Erkenntnisstand zu den Auswirkungen einer solchen Elektronenbestrahlung auf verschiedene zweidimensionale Materialien zusammenfasst. Die Themen sind eng miteinander verbunden, erklärt Susi: "Ein verbessertes Verständnis der Elektron-Materie-Wechselwirkung kann dazu beitragen, Modelle zu entwickeln, die auf eine Vielzahl von Materialien verallgemeinerbar sind. Dies hilft uns, die Manipulation von Atomen weiter zu verfeinern und das Anwendungspotential bei anderen Materialien über Graphen hinaus zu untersuchen."

Neben den führenden Teams in Wien und am MIT waren Forscher der Universität der chinesischen Akademie der Wissenschaften, der Universität Aarhus in Dänemark, der Nationalen Polytechnischen Schule in Ecuador, des Oak Ridge National Laboratory und der Sichuan-Universität in China an der internationalen Zusammenarbeit beteiligt.

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