Eine total verdrehte Batterie

25.09.2019 - Schweiz

ETH-Forscher um Markus Niederberger entwickelten aus weichen Materialien eine Batterie, die sich verdrehen, biegen und dehnen lässt. Für Anwendungen in biegsamen Elektronikgeräten ist eine solche Batterie genau die richtige.

Niederberger Group, ETH Zurich

Die Batterie lässt sich verdrehen, dehnen und biegen, ohne dass der Stromfluss abbricht.

ETH Zürich / Peter Rüegg

Prototyp der flexiblen Batterie.

Niederberger Group, ETH Zurich
ETH Zürich / Peter Rüegg

Die Elektronikbranche setzt immer mehr auf Computer oder Smartphones mit falt- oder rollbaren Bildschirmen. In intelligenten Kleidern kommen tragbare Kleinstgeräte oder Sensoren zum Einsatz, um beispielsweise Körperfunktionen zu überwachen. All diese Geräte brauchen jedoch eine Energiequelle, und in der Regel ist dies eine Lithiumionenbatterie. Nur: solche Batterien sind schwer und rigid und damit im Prinzip ungeeignet für Anwendungen in flexiblen Elektronikgeräten oder Textilien.

Abhilfe für dieses Problem schaffen nun Markus Niederberger, Professor für Multifunktionsmaterialien an der ETH Zürich, und sein Team. Die Forscher haben einen Prototyp einer flexiblen Dünnfilm-Batterie entwickelt. Diese lässt sich biegen, dehnen oder gar verdrehen, ohne dass die Stromversorgung abbricht.

Kernstück dieser neuen Batterie ist der Elektrolyt, also der Teil einer Batterie, durch den sich die Lithium-Ionen beim Entladen oder Laden der Batterie bewegen müssen. Entwickelt wurde der Elektrolyt von ETH-Doktorand Xi Chen, Erstautor einer Studie, die soeben in der Fachzeitschrift «Advanced Materials» erschienen ist.

Konsequent biegsame Komponenten eingesetzt

Der sandwichartige Aufbau der neuartigen Batterie orientiert sich an kommerziellen Akkus. Die Forscher verwendeten aber erstmals ausschliesslich flexible Bauteile, um die Batterie als Ganzes biegsam und dehnbar zu halten. «So konsequent wie wir hat bisher noch niemand ausschliesslich flexible Komponenten eingesetzt, um einen Lithium-Ionen-Akku herzustellen», sagt Niederberger.

Die beiden Stromsammler für die Anode und die Kathode bestehen aus einem dehnbaren Kunststoff, der elektrisch leitenden Kohlenstoff enthält. Dieser ist zugleich Aussenhülle. Auf die Innenseite des Kunststoffs trugen die Forscher eine dünne Schicht aus winzigen Silberflocken auf. Durch die dachziegelartige Anordnung der Silberflocken verlieren sie den Kontakt zueinander auch dann nicht, wenn der Kunststoff stark gedehnt wird. Das garantiert die Leitfähigkeit des Stromsammlers selbst wenn er stark gestreckt wird. Verlieren die Silberflocken den Kontakt zueinander dennoch, fliesst der elektrische Strom – wenn auch schwächer – durch den kohlenstoffhaltigen Kunststoff.

Mithilfe einer Maske sprühten dann die Forscher Anoden- respektive Kathoden-Pulver in einem genau begrenzten Bereich auf die Silberschicht. Das Kathodenpulver enthält Lithiummanganoxid, die Anode Vanadiumoxid.

Gel-Elektrolyt auf Wasserbasis

Separiert durch eine Trennschicht, die einem Bilderrahmen gleicht, legten die Wissenschaftler schliesslich die beiden Stromsammler mit den aufgebrachten Elektroden aufeinander und füllten die Lücke im Rahmen mit Elektrolytgel.

Dieses Gel ist umweltfreundlicher als bisherige, wie Niederberger betont. «Elektrolytflüssigkeiten in heutigen Batterien sind giftig und brennbar.» Diejenige, die sein Doktorand Xi Chen entwickelte, basiert hingegen auf Wasser. Im Gel in hoher Konzentration eingebracht ist ein Lithiumsalz, das nicht nur die Wanderung der Lithiumionen zwischen Kathode und Anode während des Ladens und Entladens ermöglicht, sondern auch die elektrochemische Zersetzung des Wassers verhindert.

Für ihren Prototyp fügten die Wissenschaftler die verschiedenen Bestandteile mit Klebstoff zusammen. «Wenn wir die Batterie kommerzialisieren wollen, müssen wir ein anderes Verfahren finden, damit sie langfristig dicht bleibt», sagt Niederberger.

Zahlreiche Einsatzmöglichkeiten

Anwendungen für eine solche Batterie gibt es immer mehr. Namhafte Handyhersteller überbieten sich derzeit mit biegsamen Bildschirmen für ihre Geräte. Denkbar sind auch rollbare Displays von Computern, Smartwatches und Tablets; auch in funktionalen Textilien, welche biegsame Elektronik enthalten, werden flexible Stromlieferanten gebraucht. «Man könnte eine solche Batterie beispielsweise in die Kleidung einnähen», sagt Niederberger. Wichtig sei, dass für den Fall, dass die Batterie auslaufe, die austretende Flüssigkeit keine Schäden verursachten, weswegen ihr Elektrolyt Vorteile biete.

Niederberger betont allerdings, dass es noch weitere Forschung brauche, um die flexible Batterie zu optimieren und um an eine Kommerzialisierung zu denken. Vor allem müssten sie die Beladung mit Elektrodenmaterial erhöhen.

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