Plastik aus Holz

Röntgenuntersuchung weist Weg zu maßgeschneiderten Bauteilen auf Lignin-Basis

03.03.2020 - Deutschland

Als Nebenprodukt der Papierherstellung ist das Biopolymer Lignin ein vielversprechender Rohstoff für eine nachhaltige Kunststoffproduktion. Das Naturprodukt steht jedoch nicht in einer so gleichbleibenden Qualität wie erdölbasiertes Plastik zur Verfügung. Eine Röntgenuntersuchung bei DESY zeigt jetzt erstmals, wie die innere molekulare Struktur verschiedener Lignin-Anteile mit den Materialeigenschaften zusammenhängen. Die im Fachblatt „Applied Polymer Materials“ veröffentlichte Studie liefert damit einen Ansatz für eine Systematik, um Bioplastik aus Lignin mit unterschiedlichen, für die jeweilige Anwendung vorteilhaften Eigenschaften zu produzieren.

KTH Stockholm, Marcus Jawerth

Lignin als Rohstoff (links) und daraus erzeugtes Hartplastik (rechts).

Lignine sind für die Festigkeit von Pflanzen und deren Verholzen verantwortlich. Bei der Papierproduktion werden sie von der Zellulose abgetrennt. Lignine zählen zu den sogenannten aromatischen Verbindungen, die auch in der Kunststoffproduktion eine entscheidende Rolle spielen. „Lignin ist die größte Quelle natürlich vorkommender aromatischer Verbindungen, wird bislang aber vor allem als Nebenprodukt oder Brennstoff in der Papierindustrie angesehen”, erläutert Forschungsleiter Mats Johansson von der Königlichen Technischen Hochschule (KTH) Stockholm. „Jedes Jahr werden Millionen Tonnen davon produziert, die als kontinuierlicher Rohstoffstrom für neue Produkte zur Verfügung stehen könnten.“

Tatsächlich gibt es erste Anwendungen von Hartplastik (Duroplast) auf Lignin-Basis. Die Materialeigenschaften variieren jedoch oft und lassen sich bislang schlecht steuern. An DESYs Röntgenlichtquelle PETRA III hat das schwedische Team nun die Nanostruktur verschiedener Anteile von kommerziell erhältlichem Lignin durchleuchtet. „Dabei hat sich gezeigt, dass es Lignin-Anteile mit größeren und kleineren Domänen gibt“, berichtet Hauptautor Marcus Jawerth von der KTH Stockholm. „Das hat je nach Anwendung Vorteile: Es macht das Lignin härter oder weicher, indem sich die sogenannte Glasübergangstemperatur ändert, bei der das Biopolymer einen zähflüssigen Zustand annimmt.“

Die Röntgenanalyse ergab unter anderem, dass solche Lignin-Varianten besonders stabil sind, bei denen die zentralen Benzol-Ringe T-förmig aufeinander stehen. „Die molekulare Struktur beeinflusst die makroskopischen mechanischen Eigenschaften“, erläutert DESY-Forscher Stephan Roth, Leiter der Messstation P03, an der die Untersuchungen stattgefunden haben, und Ko-Autor der Veröffentlichung. „Es ist das erste Mal, dass dies charakterisiert wurde.“ Als Naturprodukt besitzt Lignin zahlreiche unterschiedliche Konfigurationen. Weitere Untersuchungen sollen nun einen systematischen Überblick darüber liefern, wie verschiedene Parameter die Lignin-Eigenschaften beeinflussen. „Das ist enorm wichtig, um die Materialien reproduzierbar herzustellen und vor allem die Materialeigenschaften vorherzusagen“, betont Roth, der auch Professor an der KTH Stockholm ist. „Wenn man das Material industriell einsetzen möchte, muss man die molekulare Struktur verstehen und mit den mechanischen Eigenschaften korrelieren.“

Bis zu zwei Drittel des bei der Papierproduktion anfallenden Lignins können Jawerth zufolge in Polyester umgewandelt werden und damit als Rohstoff für die Kunststoffindustrie dienen. „Lignin gehört mit Zellulose und Chitin zu den häufigsten organischen Verbindungen der Erde und hat enormes Potenzial, erdölbasierte Plastik-Rohstoffe zu ersetzen“, betont der Forscher. „Zum Verbrennen ist es viel zu wertvoll.“

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