FLASH löst ultraschnelle Dynamik der Photokatalyse auf

Freie-Elektronen-Laser-Studie bringt Licht in den Ablauf einer photokatalytischen Oxidation von Kohlenmonoxid auf Titanoxid

30.11.2020 - Deutschland

Ein internationales Wissenschaftlerteam hat zum ersten Mal die lichtinduzierte Oxidation von Kohlenmonoxid (CO) zu Kohlendioxid (CO2) auf der Oberfläche eines Oxid-Fotokatalysators in Echtzeit untersucht. Es kombinierte dazu Messungen am Freie-Elektronen-Laser FLASH mit theoretischen Berechnungen. Laut ihren Ergebnissen, die jetzt in der Fachzeitschrift ACS Catalysis veröffentlicht wurden, findet die Umwandlung von CO zu CO2 zwischen 1,2 und 2,8 Picosekunden (ps, billionstel Sekunden) nach Auslösung der Reaktion durch einen ultraschnellen optischen Laserpuls statt.

DESY Nanolab

Mit FLASH konnte das Forschungsteam exakt auflösen, dass zwischen 1,2 und 2,8 Pikosekunden nach der Auslösung das Kohlenmonoxid zu Kohlendioxid oxidierte

Photokatalysatoren sind Materialien, die durch Licht ausgelöste chemische Reaktionen fördern können. Sie stehen an der Schwelle zu einer breiten industriellen Anwendung. „Photokatalysatoren haben eine Reihe potenzieller Anwendungen wie Luft- und Wasserreinigung und selbstreinigende Oberflächen. Um ihren effizienten Einsatz zu gewährleisten und ihre Leistung zu optimieren, ist es aber unerlässlich, das frühe Stadium der Photodynamik auf der Oberfläche des aktiven Photokatalysators zu verstehen“, erklärt Heshmat Noei, Projektleiterin vom DESY-NanoLab.

Titandioxid (TiO2) – einer der vielversprechendsten Kandidaten für industriell einsetzbare Photokatalysatoren – wurde nun von der Forschungsgruppe mit den ultrakurzen Laserpulsen des Freie-Elektronen-Lasers (FEL) FLASH genauestens unter die Lupe genommen. Während sie das Titandioxid einer gemischten Atmosphäre aus Kohlenmonoxid (CO) und Sauerstoff (O2) aussetzten, synchronisierte das Team einen optischen Laser mit einer Wellenlänge von 770 Nanometern mit den Femtosekunden-Röntgenlaserpulsen von FLASH. Dieser optische Lichtpuls löste die photokatalytische Oxidation des Kohlenmonoxids aus, während die FLASH-Pulse dazu verwendet wurden, die Reaktionsdynamik auf der Oberfläche in Echtzeit zu untersuchen. „Obwohl das Verständnis der Reaktionsdynamik im Frühstadium der Photokatalyse sehr wichtig ist, fehlt es hierfür bisher an detaillierten Informationen. Durch den Einsatz der supraleitenden Beschleunigertechnologie bei FLASH konnten wir die Photoreaktion in Echtzeit auf einer Zeitskala im Picosekundenbereich direkt verfolgen“, erklärt Michael Wagstaffe, Postdoktorand im DESY NanoLab und Erstautor der Veröffentlichung.

Mit Hilfe der weichen Röntgen-Photoemissionsspektroskopie lassen sich einzelne chemische Verbindungen mit hoher Empfindlichkeit identifizieren. Indem das Team eine Serie von Photoemissionsspektren sammelte, die zu bestimmten Zeitpunkten nach Auslösung der Photoreaktion aufgenommen wurden, konnte es die Entwicklung der Photoemissionsspektren verfolgen und die Übergänge zur Bildung neuer chemischer Verbindungen beobachten. Sie schlossen aus ihren Beobachtungen, dass innerhalb der ersten 1,2 Picosekunden nach dem Lichtblitz der Sauerstoffaktivierungsprozess stattfindet, bei dem ein Elektron von der Titanoxidoberfläche auf ein an der Oberfläche anhaftendes Sauerstoffmolekül übertragen wird. Zwischen 1,2 und 2,8 Pikosekunden nach der Bestrahlung beobachteten sie eine neue Komponente in den Photoemissionsspektren über der Oberfläche: CO2, das aus der Oxidation von CO resultiert. „Mit Hilfe der ultrakurzen FEL-Pulse konnten wir die Photoreaktion direkt sichtbar machen und dabei Reaktionszeitskalen bestimmen und nachweisen, dass keine langlebigen Zwischenprodukte gebildet wurden“, erklärt Wagstaffe.

Theoretische Berechnungen einer gemeinsamen Arbeitsgruppe von Wissenschaftlern des Bremer Zentrums für Computational Materials Science (BCCMS) der Universität Bremen und des Max-Planck-Instituts für Struktur und Dynamik der Materie (MPSD) sagen voraus, dass die Sauerstoffadsorption an der Oberfläche des Photokatalysators zur Bildung eines sogenannten Ladungstransferkomplexes führt. Dies heißt, dass die Reaktion nach der Laserbeleuchtung bei einer Lichtenergie von 1,6 Elektronenvolt (eV, entsprechend einer Wellenlänge von 770 Nanometern) durch den direkten Transfer der Elektronen vom Titandioxid in das anhaftende Sauerstoffmolekül ausgelöst werden kann. „Nach dem in unserer Studie vorgeschlagenen Mechanismus ist es auch möglich, die Photoreaktionen auf TiO2 mit sichtbarem Licht auszulösen – im Gegensatz zum konventionellen Weg, der ultraviolettes Licht mit kürzeren Wellenlängen erfordert“, sagt Heshmat Noei.

Neben den konkret gewonnenen Erkenntnissen weist die Studie den Weg zu einem neuen Forschungsansatz, der die einzigartigen Möglichkeiten an Freie-Elektronen-Lasern mit weicher Röntgenstrahlung nutzt, um die wichtigen ersten Schritte von Photoreaktionen auf der Oberfläche von Katalysatoren zu untersuchen; eines der Forschungsthemen des Hamburger Exzellenzclusters CUI: Advanced Imaging of Matter.

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