Perowskit/Silizium Tandemsolarzellen an der Schwelle zu 30% Wirkungsgrad

Mehr als 300 Stunden stabil

14.12.2020 - Deutschland

In Science berichtet ein HZB-Team, wie es den aktuellen Weltrekord von 29,15% in einer Tandemsolarzelle aus Silizium und Perowskit erreichen konnte. Die Tandemzelle zeigt selbst ohne Verkapselung über 300 Stunden eine stabile Leistung. Die Gruppe um Steve Albrecht hat dafür physikalische Prozesse an den Grenzflächen untersucht und gezielt den Ladungsträgertransport verbessert.

Eike Köhnen, HZB

Die Tandemzelle aus Perowskit und Silizium

Solarzellen aus zwei Halbleitern mit unterschiedlichen Bandlücken können als Tandem zusammen deutlich höhere Wirkungsgrade erreichen als jede Unterzelle für sich. Dies liegt daran, dass solche Tandemzellen das Sonnenspektrum effizienter nutzen. So wandeln die bewährten Silizium-Solarzellen vor allem die infraroten Anteile des Lichts in elektrische Energie um, während bestimmte Perowskit-Verbindungen die sichtbaren Anteile des Sonnenlichts effektiv nutzen können.

Weltrekord bei 29,15%

Anfang 2020 hat ein großes Team um Prof. Dr. Steve Albrecht am HZB den bisherigen Weltrekord bei Tandemsolarzellen aus Silizium und Perowskit von 28,0% (Oxford PV) übertroffen und mit 29,15% einen neuen Weltrekord aufgestellt. Gegenüber der höchsten zertifizierten und wissenschaftlich publizierten Effizienz (26,2% in DOI: 10.1126/science.aba3433) ist dies ein großer Schritt nach vorne. Der neue Wert ist am Fraunhofer ISE zertifiziert und in der NREL-Chart verzeichnet. Nun folgt die wissenschaftliche Publikation in der Fachzeitschrift Science mit der genauen Erläuterung des Herstellungsprozesses und den Ergebnissen der Analysen.

Mehr als 300 Stunden stabil

„Der Wirkungsgrad von 29,15% ist nicht nur der Rekord für diese Technologie, sondern bildet in der NREL-Chart die Spitze der gesamten Kategorie <<Emerging PV>>“, sagt Eike Köhnen, Doktorand im Team von Steve Albrecht und geteilter Erstautor der Studie. Darüber hinaus zeichnet sich die neue Perowskit/Silizium Tandemzelle durch eine Stabilität von mehr als 300 Stunden unter kontinuierlicher Belastung an Luft aus, und zwar ohne durch eine Verkapselung geschützt zu werden. Das Team verwendete eine komplexe Perowskit-Komposition mit 1,68 eV Bandlücke und konzentrierte sich auf die Optimierung der Substrat-Grenzfläche.

Monolage hilft beim Transport

Mit Partnern aus Litauen (Gruppe um Prof. Vytautas Getautis) entwickelten sie eine Zwischenschicht aus organischen Molekülen, die sich selbstständig zu einer Monolage (self-assembled monolayer, SAM) anordnen. Sie nutzten dafür ein neuartiges Molekül auf Carbazol-Basis mit Methylgruppen (Me-4PACz). Diese SAM wird auf der Elektrode aufgebracht und soll das Abfließen der Ladungsträger verbessern. „Wir haben sozusagen zuerst das perfekte Bett eingerichtet, auf das sich die Perowskit-Schicht legt“ sagt Amran Al-Ashouri, der ebenfalls im Team von Albrecht promoviert und geteilter Erstautor der Studie ist.

Grenzflächen analysiert

Mit einer Reihe komplementärer Untersuchungsmethoden analysierten die Forschenden im Anschluss die unterschiedlichen Prozesse an den Grenzflächen zwischen Perowskit, SAM und der Elektrode: „Wir haben insbesondere den so genannten Füllfaktor optimiert, der dadurch beeinflusst wird, wie viele Ladungsträger auf dem Weg aus der Perowskit-Unterzelle verloren gehen“, erklärt Al-Ashouri. Während die Elektronen in Richtung Sonnenlicht durch die C60-Schicht abfließen, müssen sich die „Löcher“ in die entgegengesetzte Richtung bewegen und durch die SAM-Schicht in die Elektrode abfließen. „Allerdings sahen wir, dass Löcher sehr viel langsamer extrahiert werden als Elektronen, was den Füllfaktor limitierte“, so Al-Ashouri. Tatsächlich aber hilft die SAM-Schicht erheblich beim Abtransport und trägt damit gleichzeitig zu einer besseren Stabilität der Perowskit-Schicht bei.

Durch eine Kombination von Photolumineszenz-Spektroskopie, Modellierung, elektrischer Charakterisierung und Terahertz-Leitfähigkeitsmessungen gelang es, die verschiedenen Prozesse an der Grenzfläche des Perowskit-Materials auseinanderzuhalten und zu ermitteln, wo die maßgeblichen Verluste herkommen.

Erfolgreiche Kooperationen

Dabei waren viele Partner beteiligt, so die Kaunas University of Technology, Litauen, University of Ljublana, Slowenien, University of Sheffield, UK, die Universität Potsdam sowie die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB), die Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin und die Technische Universität Berlin, wo Albrecht eine Juniorprofessur hält. Die Arbeiten an den beiden Unterzellen fanden im HySPRINT-Labor und am PVcomB am HZB statt.  

Ausblick: Mehr als 30% sind schaffbar

„Jeder Partner bringt seine besondere Expertise ein, daher konnten wir gemeinsam diesen Durchbruch erreichen“, meint Steve Albrecht. Der maximal mögliche Wirkungsgrad ist schon in Reichweite: Die Forscher haben die beiden Unterzellen einzeln analysiert und einen maximal möglichen Wirkungsgrad von 32,4% errechnet, welcher mit exakt diesem Aufbau erreicht werden kann. „Über 30% können wir sicher erzielen“, meint Albrecht. 

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