Recycelter Granatsand als Quelle für Scandium?

07.06.2021 - Deutschland

Manche nennen es „Öl der Zukunft“. Denn der Bedarf an dem Leichtmetall Scandium wächst, insbesondere aufgrund seines Potenzials als Material für den Leichtbau von Flugzeugen und Autos, aber auch für Brennstoffzellen. Zugleich ist die Versorgung in Europa mit diesem kritischen Rohstoff nicht gesichert. Deshalb wird intensiv nach neuen Wegen der Gewinnung des Hochtechnologiemetalls gesucht. In einer kürzlich veröffentlichten Pilotstudie haben Wissenschaftler der Jacobs University Bremen und der Bundesanstalt für Geowissenschaft und Rohstoffe nun eine ungewöhnliche Scandium-Quelle untersucht: industriellen Granatsand und dessen Abfallprodukte.

Jacobs University

Die Doktorandin Franziska Klimpel (li.) und der Geochemie Professor Dr. Michael Bau (re.) haben die verschiedenen Granatsande untersucht und ihre Ergebnisse dazu veröffentlicht.

Weltweit werden jährlich nur 15 bis 20 Tonnen Scandium als Bergbaunebenprodukt gefördert. Dabei befinden sich die meisten Lagerstätten in China, Australien oder der Ukraine. Fachleute rechnen in den kommenden Jahren mit einer Vervielfachung der Nachfrage. Dies hat vor allem mit neuen Scandium-Aluminium-Legierungen zu tun, die eine geringe Dichte bei gleichzeitig hoher Zugfestigkeit aufweisen. Ihr Einsatz kann helfen, das Gewicht eines Flugzeugs oder Automobils deutlich zu reduzieren, was zu geringerem Kraftstoffverbrauch, niedrigeren Emissionen und niedrigeren Gesamtkosten führt. Scandium ist damit ein Rohstoff, der gerade auch für die Bremische Industrie von enormer Bedeutung ist.

Das silberweiße Leichtmetall bildet keine eigenen Lagerstätten, sondern fällt im Bergbau als Beiprodukt ab. So weist das Mineral Granat, dessen große Kristalle als Edelsteine in der Schmuckindustrie sehr beliebt sind, hohe Scandium-Gehalte auf. Kleine Granate werden als industrieller Granatsand abgebaut und als Schleifmittel zur Beseitigung von Beschichtungen oder Rost verwendet. In der Schneid- und Sandstrahlindustrie wird er mehrfach recycelt, bevor er schließlich als Abfall endet und entsorgt werden muss.

Granatsande aus Australien, Indien und den USA sowie von kommerziellen Anbietern aus Deutschland haben Franziska Klimpel, Doktorandin der Geowissenschaften an der Jacobs University, und der Geochemiker Professor Dr. Michael Bau untersucht. Die Ergebnisse zeigen, dass noch nicht verarbeitete und mehrfach recycelte Granatsande ähnlich hohe Konzentrationen an Scandium aufweisen. Die Gewinnung von Scandium – aber auch von Seltenen Erden – aus den Granatsand-Abfällen wird die Versorgungsengpässe wegen der eher geringen Mengen zwar nicht beseitigen können. Aber sie könne helfen, dessen Entsorgungskosten zu reduzieren, weniger Abfall zu produzieren, und so einem Minimum-Waste-Konzept einen Schritt näher zu kommen, so das Fazit der Forschenden. Und da Scandium als kritischer Rohstoff für Enabling-Technologien sehr gefragt ist, werden Bedarf und Preise in naher Zukunft voraussichtlich weiter stark steigen.

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