Detektivarbeit an der Brennstoffzelle
Forscher untersuchen neue Materialien, mit denen sich die Betriebstemperatur von Brennstoffzellen herabsetzen lässt: Dazu wenden sie eine innovative Methode an
Technische Universität Wien
Um die Betriebstemperatur von Festoxidbrennstoffzellen von derzeit etwa 800 °C zu senken, forschen Wissenschaftler der TU Wien an alternativen Materialien, die sich als Kathode eignen. Die Ergebnisse ihrer Materialanalyse veröffentlichten Markus Kubicek und sein Team jüngst in der Fachzeitschrift „Journal of Materials Chemistry A“.
Betriebstemperatur senken
Festoxidbrennstoffzellen werden bereits seit den 1980er Jahren gebaut. Nun versuchen Forschende neue Brennstoffzellen zu entwickeln, die noch langzeitstabiler und kostengünstiger herzustellen sind. Dazu ist es notwendig, die Betriebstemperatur auf etwa 450 bis 600 Grad Celsius zu senken. Für den Betrieb der Festoxidbrennstoffzelle bei niedrigeren Temperaturen stellt vor allem der Sauerstoffeinbau an der Kathode einen Flaschenhals dar, denn die chemische Reaktion läuft nun langsamer ab. Daher sind Forschende weltweit auf der Suche nach Wegen, um neue Elektrodenmaterialien zu entwickeln, die auch bei niedrigeren Temperaturen Sauerstoff ausreichend schnell einbauen können.
Einbau von Sauerstoffionen
Wissenschaftler des Forschungsbereichs „Technische Elektrochemie“ arbeiten bereits seit Jahren an sogenannten gemischtleitenden Materialien (engl. MIECs). Oxide dieser Materialklasse sind besonders gut für Brennstoffzellenkathoden geeignet, da sie bei höheren Temperaturen sowohl Sauerstoffionen als auch Elektronen leiten können. Dies funktioniert vor allem über Defekte, also über minimale Abweichungen vom idealen Kristallgitter, die absichtlich in das Material eingebracht werden.
„Die wichtigsten Defekte im Inneren dieser Materialien sind Sauerstoffleerstellen sowie Elektronen und Löcher. Um diese Materialien zielgerichtet optimieren zu können, ist ein besseres Verständnis der Rolle dieser Defekte für die Sauerstoffeinbaureaktion von höchster Bedeutung“, erklärt Markus Kubicek, Leiter des FWF-Projekts „In-Situ Charakterisierung oxidischer Dünnfilme beim Wachstum“. Genau das ist den Forschenden jetzt gelungen.
Weltweit einzigartige Messmethode
Um die Geschwindigkeit des Sauerstoffeinbaues zu messen, bedienen sich die Forschenden weltweit einzigartiger „in situ PLD“-Messungen. Die Elektrodenmaterialen werden in einer Vakuumkammer mit einem Laser hergestellt und direkt mittels Impedanzspektroskopie untersucht. „Da bereits kleinste Verunreinigungen zu einer starken Verfälschung der Messergebnisse führen können, brauchten wir eine Messmethode, mit der wir tatsächlich saubere Elektrodenoberflächen untersuchen können. Das ist uns hier erstmals gelungen“, erklärt Christoph Riedl aus der Forschungsgruppe für Festkörperionik. „Nur durch unsere hier entwickelte in-situ-Methode konnten wir theoretische Simulation und reale Messergebnisse perfekt miteinander vereinen“, ergänzt er.
Verschiedene Materialen, gleicher Einbaumechanismus
Die Forschenden untersuchten mit ihrer Messmethode die Sauerstoffaustauschreaktion an der Oberfläche von fünf vielversprechenden Materialien. „Ein Highlight unserer Messungen ist, dass wir erstmals beobachten konnten, dass der Sauerstoffaustausch auf sehr unterschiedlichen Materialien dem gleichen Mechanismus zu folgen scheint“, schildert Matthäus Siebenhofer. „Ein entscheidender Faktor ist dabei die Verfügbarkeit von Sauerstoffleerstellen an der Oberfläche.“
Jürgen Fleig, Leiter der Arbeitsgruppe „Festkörperionik“, resümiert: „In dieser Studie konnten wir verschiedene Forschungsergebnisse und experimentelle Entwicklungen der letzten Jahre zu einem großen Ganzen zusammenfügen und so die wichtigste Reaktion im Bereich der Festoxidbrennstoffzellen deutlich besser beschreiben und verstehen.“
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