Wie kann in einer Welt voller Mineralien Leben entstehen?

Projekt „The role of silica at the dawn of life on our planet“ (PROTOS) untersucht die Rolle von Siliziumdioxid in der Frühphase unseres Planeten

30.10.2023
Lucas Chacon, © CSIC

Eine künstlerische Darstellung des Hadaikums, des geochemischen Szenarios für den Ursprung des Lebens, das PROTOS untersuchen wird.

Wie ist unser Planet bewohnbar geworden? Die ersten fünfhundert Millionen Jahre des Planeten Erde – das so genannte Hadaikum – lagen bislang im Dunkeln, weil es keine Gesteinsreste aus jener Zeit gibt. Die Entdeckung, dass es auf unserem Planeten schon damals Wasser gab, eröffnete neue Perspektiven für die Erforschung eines Zeitalters, in dem sich erste Formen lebenswichtiger Moleküle wie Amino- oder Nukleinsäuren entwickelt haben könnten. Die Bedingungen dafür im Hadaikum wird eine Gruppe von Forschenden mit Hilfe von Laborexperimenten simulieren.

Das Projekt „The role of silica at the dawn of life on our planet“ (PROTOS) wurde mit einem ERC Synergy Grant ausgezeichnet, der mit 9.996.000 Euro dotiert ist und eine Laufzeit von 72 Monaten hat (bis 2029). Neben Projektkoordinator Juan Manuel Garcia Ruiz (Instituto Andaluz de Ciencias de la Tierra (IACT), Consejo Superior de Investigaciones Científicas – CSIC) werden Helmut Cölfen (Universität Konstanz), Wolfgang Bach (Universität Bremen) und Mark van Zuilen (CNRS-Geo-Ocean, University of Brest) an PROTOS teilnehmen.

© Juan Manuel García-Ruiz/ CSIC

Mineralische selbstorganisierende Strukturen, so genannte Biomorphe, die lebende Organismen nachahmen, aber das Ergebnis rein abiotischer Reaktionen sind. Die Größe dieser Biomorphe liegt zwischen einem und 25 Mikrometern.

Von einer Welt der Minerale zum Leben

„Um zu untersuchen, wie das Leben von Grund auf entstanden ist, also wie der Übergang von einer mineralischen Welt zum Leben erfolgte, konzentrieren wir uns auf die geochemischen Prozesse, die in den ersten Milliarden Jahren der Erdgeschichte stattgefunden haben. Wenn Mineralien aus einer Lösung ausfallen, können sie selbstorganisierend sein und Strukturen bilden, die primitive Lebensformen nachahmen“, erklärt der Projektleiter Juan Manuel Garcia Ruiz. Er fügt hinzu: „Aber wo liegen die Grenzen der mineralischen Selbstorganisation? Und kann sie nahtlos zu Leben führen?"

Bei der Suche nach einer Antwort auf diese Frage dürfte Siliziumdioxid eine entscheidende Rolle spielen. „Es wurden Spuren von Wasser auf der Erde entdeckt, die aus einer Zeit von vor ungefähr 4,3 Milliarden Jahren stammen. Durch Wasser-Gesteins-Reaktionen wurden die Meere alkalisch und siliziumhaltig“, führt Helmut Cölfen aus und erklärt: „Siliziumdioxid ist bekannt dafür, präbiotische Reaktionen zu beschleunigen, aus denen wiederum organische Moleküle wie Aminosäuren – die Bausteine des Lebens – entstehen können.“

Der Professor für physikalische Chemie beschäftigt sich mit der Analyse sehr kleiner Spezies wie Ionen, ihrer anschließenden Aggregation und ihrer Rolle bei der Keimbildung sowie dem Wachstum von Kristallen. „Diese analytischen Vorarbeiten bilden die Grundlage für die Analyse von Siliziumdioxid-Lösungen aus der Wechselwirkung von Wasser mit Festgestein. Wir gehen nämlich davon aus, dass sie eine komplexe Zusammensetzung haben und mehrere Arten wie verschiedene Siliziumdioxid-Oligomere enthalten. Die Größe der Gebilde und die Reaktivität müssen wir jedoch erst noch verstehen“, so Cölfen.

Der Hadaikum-Simulator

PROTOS verfolgt einen experimentellen Ansatz, der technisch anspruchsvoll ist. Um Informationen vom Nanometer- bis zum Planetenmaßstab zu erhalten, werden die Wissenschaftler eine Reihe von Reaktoren, „Hadean-Simulator“ genannt, verwenden. Damit führen sie Experimente unter den frühesten atmosphärischen Bedingungen der Erde durch, um herauszufinden, wie Flüssigkeiten mit Gestein interagieren. Mit Hilfe von Experimenten untersuchen sie die Rolle von Mineralien, insbesondere Siliziumdioxid, bei der Auslösung präbiotischer Reaktionen und Bildung mineralisch-organischer selbstorganisierender Strukturen, die zu lebenswichtigen Molekülen wie Amino- oder Nukleinsäuren führen. Die Wissenschaftler erforschen auch den Einfluss von Siliziumdioxid bei der Fossilisation und Erhaltung von Überresten frühester Mikroorganismen und Biomorphen.

Cölfen betont: „Die Universität Konstanz verfügt über viele hoch entwickelte Analysegeräte, die für die Durchführung solch anspruchsvoller Experimente erforderlich sind.“ Die Synergien zwischen den Laboratorien der vier Einrichtungen bilden eine einzigartige Ausgangsbasis, um die Bedingungen im Hadaikum in ihren komplexen Kombinationen systematisch zu testen.

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