Wie Katalysatoren aus dem Labor dabei helfen, Treibhausgase in den Griff zu bekommen

09.11.2023

Erdgas, das viele von uns zum Heizen, Kochen oder Betanken des eigenen PKW nutzen, besteht aus leichten Kohlenwasserstoffen wie Methan und Ethan. Diese Gase sind stärkere Treibhausgase als CO2 es ist. Sie werden bei Erdgasbohrungen ständig in die Atmosphäre freigesetzt und sind deutlich schwieriger zu lagern als z. B. die entsprechenden Alkohole wie Methanol oder Ethanol. Es gibt zwar Großanlagen, in denen die flüchtigen Gase umgewandelt werden.

Dimitrios Pantazis/Max Planck Chemistry Campus Mülheim

Unsere Grafik zeigt das metallorganische Gerüst (MOF), das zur Nachahmung eines Enzyms entwickelt wurde sowie einen Clusterknoten, der die lokale Umgebung des Eisenatoms darstellt (rechts). Abgebildet ist auch eine der Reaktionen, die untersucht wurden, die Oxidation von Ethan zu Ethanol und Acetaldehyd.

Doch die hohen Kosten für den Bau und den Betrieb solcher Anlagen an kleineren Erdgasquellen verhindern eine wirksame weltweite Umwandlung. Neuen kosteneffiziente Technologien zur Lösung dieses Problems sind also sehr gefragt. Die direkte Oxidation von Kohlenwasserstoffbestandteilen des Erdgases mit O2 als Oxidationsmittel bei Umgebungstemperatur wäre äußerst attraktiv für die Entwicklung neuer grüner Technologien zur Verwertung von Kohlenwasserstoffen.

Werfen wir einen Blick in die Natur, so finden wir Enzyme, welche in der Lage sind, bestimmte Moleküle für selektive Kohlenwasserstoff-Oxygenierungsreaktionen zu aktivieren. Eine Klasse von Enzymen, die das können, sind Dioxygenasen wie das gut untersuchte Enzym Taurin-Dioxygenase (TauD).

Dieses Enzym enthält Eisen in seinem Aktivzentrum. Die extrem diffizile Konstruktion dieses Aktivzentrums erlaubt es dem Enzym in hoch-selektiver Weise Luftsauerstoff (O2) zu aktiveren, wodurch eine hoch-reaktive Zwischenstufe entsteht, welche aus Eisen in einer hohen Oxidationsstufe und einem Sauerstoffatom bestehen. Diese „Eisen-oxo“ Intermediate sind so reaktiv, dass sie Kohlenwasserstoffe angreifen und zu den entsprechenden Alkoholen umsetzen können. Der Trick, den die Natur dabei benutzt ist, diese reaktiven Spezies nur in Gegenwart von Kohlenwasserstoffen in einer geschützten Tasche des Enzyms zu bilden, um so unselektive Reaktivität zu verhindern.

Ein internationales Forscherteam unter der Leitung von Prof. Jeffrey R. Long an der UC Berkeley, dem auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der beiden Mülheimer Max-Planck-Institute (MPI für Kohlenforschung und MPI für Chemische Energiekonversion) angehören: die Direktoren Frank Neese und Serena DeBeer, sowie die Gruppenleiter Eckhard Bill (verstorben am 6. Oktober 2022), Daniel J. SantaLucia, Dimitrios A. Pantazis und Sergey Peredkov, hat sich die Wirkungsweise dieses Enzyms als Vorbild genommen.

Ihnen gelang es, die Funktionalität mit einem im Labor hergestellten Katalysator nachzuahmen, welcher – ähnlich dem Katalysator in einem Auto – für heterogene Reaktionen zwischen Feststoffen und Gasen gut geeignet ist. Das Material, das die Forscherinnen und Forscher dafür genutzt haben, gehört zur Klasse der sogenannten MOFs – metal-organic frameworks (metallorganischen Gerüste). Dabei handelt es sich um poröse Materialien, die aus organischen und metallischen Teilen zusammengesetzt sind und eine große Oberfläche aufweisen. Solche MOF-Strukturen können im Labor recht präzise modifiziert werden, sodass eine Anpassung und Nutzung neuer Katalysatoren kein Problem darstellt.

Diese im Labor erstellten MOFs sind in der Lage, Kohlenwasserstoffe nahe der Umgebungstemperatur unter Verwendung von O2 katalytisch zu oxidieren - was an die Reaktivität der oben genannten Enzyme erinnert. Das Team der Mülheimer Institute untersuchte hierbei das reaktive Eisen-oxo Intermediat, das durch die Reaktion des Ausgangs-MOF mit Sauerstoff entsteht. Dazu nutzten sie hochmoderne spektroskopischen Techniken, unter anderem die sogenannte Mössbauer-Spektroskopie und die Fe-Kβ-Röntgenemissionsspektroskopie. Daten für ihre Untersuchungen sammelten sie unter anderem auch am Helmholtz-Zentrum Berlin für Materialien und Energie. Zum Einsatz kamen ebenfalls modernste Berechnungsmethoden.

Die Mülheimer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler konnten so zweifelsfrei nachweisen, dass strukturelle und elektronische Ähnlichkeiten mit dem natürlichen Vorbild, dem Enzym, bestehen: in beiden Fällen befindet sich das Zwischenprodukt in einem aus Forschersicht sehr interessanten High-Spin-Zustand befindet. Bezeichnenderweise handelt es sich bei diesem Projekt um das erste nicht-enzymatische System, welches leichte Kohlenwasserstoffe mit Dioxygen über ein vollständig charakterisiertes High-Spin-Eisen-Oxo-Intermediat oxidiert.

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