Wie Katalysatoren gefährliche Stickoxide beseitigen

«Wenn man weiss, wo genau die Reaktion stattfindet, lässt sich die Herstellung von Katalysatoren entsprechend steuern.»

11.10.2024
Mahir Dzambegovic, Paul Scherrer Institut PSI

Ein Modell des Zeolith-Katalysators: Die schwarzen Kugeln stehen für Silizium- oder Aluminiumatome (auf rund 9 Siliziumatome kommt ein Aluminiumatom), die durchsichtigen Verbindungsstücke enthalten je ein Sauerstoffatom als Brücke.

Katalysatoren aus der Klasse der sogenannten Zeolithe helfen, giftige Stickoxide aus industriellen Abgasen zu entfernen. Forschende des Paul Scherrer Instituts PSI haben herausgefunden, dass ihre komplexe Struktur, die mit nanometergrossen Poren durchsetzt ist, ausschlaggebend ist und den Eisenatomen erlaubt, ihre katalytische Funktion auszuüben: Einzelne Eisenatome in bestimmten, jeweils benachbarten Poren kommunizieren miteinander und treiben so die gewünschte Reaktion an.

In der Industrie fallen Gase an, die sowohl Mensch als auch Umwelt schaden und daher nicht entweichen dürfen. Hierzu zählen Stickstoffmonoxid und Distickstoffmonoxid, zweiteres auch bekannt als Lachgas. Beide zusammen entstehen beispielsweise bei der Herstellung von Düngemitteln. Um sie aus den Abgasen zu entfernen, setzen Unternehmen Katalysatoren ein, die auf sogenannten Zeolithen basieren. Wie genau diese die Kombination der beiden Stickoxide unschädlich machen, haben Forschende des Paul Scherrer Instituts PSI nun in Zusammenarbeit mit dem Schweizer Chemieunternehmen CASALE SA herausgefunden. Das Ergebnis ihrer Studie wurde im Fachblatt Nature Catalysis publiziert und liefert Hinweise, wie die Katalysatoren sich künftig verbessern liessen.

Ein ganzer Zoo von Eisen-Spezies

«Die Firma CASALE mit Sitz in Lugano hat uns kontaktiert, weil sie die Funktionsweise ihrer Stickoxid-Katalysatoren besser verstehen wollten», erzählt Davide Ferri, Leiter der Forschungsgruppe Angewandte Katalyse und Spektroskopie am PSI Center for Energy and Environmental Sciences. Die Zeolithe, die hierfür zum Einsatz kommen, sind gerüstartige Verbindungen aus Aluminium-, Sauerstoff- und Siliziumatomen. Zeolithe kommen in der Natur vor – beispielsweise als Minerale in Gesteinsformationen – oder werden synthetisch hergestellt. Viele Katalysatoren in der chemischen Industrie basieren auf diesen Verbindungen, wobei ihrer Grundstruktur je nach Anwendungsfall weitere Elemente hinzugefügt werden.

Um die beiden Stickoxide Stickstoffmonoxid (NO) und Distickstoffmonoxid (N2O) in harmlose Moleküle umzuwandeln, enthält das Zeolithgerüst Eisen. «Dieses Eisen setzt sich aber in allen erdenklichen Formen in die verschieden grossen Poren der Zeolithstruktur», so Filippo Buttignol, Forscher in der Gruppe von Ferri. Er ist Erstautor der neuen Studie und führte diese im Rahmen seiner Doktorarbeit durch. «Das Eisen kann sich in Form einzelner Atome in die kleinen Zwischenräume des Zeoliths setzen, oder mehrere Eisenatome können mit Sauerstoffatomen chemische Verbindungen eingehen und als zwei-, mehr- oder vielatomige Cluster die etwas grösseren Hohlräume des regelmässigen Gitters besetzen.» Kurz: Ein ganzer Zoo verschiedener Eisenverbindungen findet sich im Katalysator. «Wir wollten herausfinden, welche dieser Eisen-Spezies tatsächlich für die chemische Umwandlung und somit Beseitigung der Stickoxide verantwortlich ist.»

Die Forschenden, die auf spektroskopische Analysen spezialisiert sind, wussten, welche drei Arten von Experimenten sie durchführen mussten, um die Antwort zu finden. Sie führten diese jeweils durch, während die katalytische Reaktion in ihren Zeolithproben ablief. Zunächst nutzten sie die Synchrotron Lichtquelle Schweiz SLS am PSI für eine Untersuchung namens Röntgenabsorptionsspektroskopie. «Damit konnten wir den gesamten katalytischen Effekt aller Eisen-Spezies messen», so Buttignol. Als Nächstes nutzten sie in Zusammenarbeit mit der ETH Zürich die Methode der Elektronenspinresonanz, womit sich der Beitrag der einzelnen Spezies aufschlüsseln liess. Und schliesslich – wieder am PSI – konnten die Forschenden mithilfe der Infrarotspektroskopie den molekularen Aspekt der verschiedenen vorhandenen Eisenspezies ermitteln.

Die Katalyse geschieht an den einzelnen Atomen, die miteinander kommunizieren

Jede dieser drei Methoden lieferte eines der Puzzlestücke, die schliesslich folgendes Gesamtbild ergaben: Es sind die einzelnen Eisenatome, die in zwei ganz bestimmten Sorten von Zeolithporen sitzen, an denen die Katalyse stattfindet. Dabei agieren je zwei Eisenatome in benachbarten Poren der wiederkehrenden Struktur gemeinsam: Eines, das in der Mitte einer quadratischen Anordnung von Sauerstoffatomen des Zeoliths sitzt und an dem die chemische Reaktion von N2O stattfindet, kommuniziert mit einem weiteren Eisenatom, das von einer tetraederförmigen Sauerstoffanordnung umgeben ist, und an dem das NO reagiert.

«Nur in genau dieser Konstellation sehen wir Beiträge des Eisens zur chemischen Beseitigung der beiden Gase», so Buttignol. Diese Eisenatome gaben dabei jeweils ein Elektron ab und nahmen es wieder auf, das heisst, genau an ihnen lief die typische Redoxreaktion der Katalyse wieder und wieder ab. Charakteristisch für die Funktionsweise eines Katalysators ist, dass dieser nicht aufgebraucht und nicht dauerhaft verändert wird, sondern immer wieder in seinen chemischen Ausgangszustand zurückkehrt und somit – zumindest theoretisch – eine unbegrenzte Lebensdauer hat. 

Gefährliche Stickoxide effizienter beseitigen

Ferri fasst die Bedeutung der neuen Studie zusammen: «Wenn man weiss, wo genau die Reaktion stattfindet, lässt sich die Herstellung von Katalysatoren entsprechend steuern.»

Die Katalyse und damit die Entfernung von NO und N2O industrieller Abluft ist wichtig, da beide für Menschen giftig sind. Darüber hinaus sind beide Gase umweltschädlich: NO ist eine der Ursachen für sauren Regen, während das Lachgas N2O so hochgradig klimaaktiv ist, dass eines seiner Moleküle knapp 300-mal stärker zum Treibhauseffekt beiträgt als ein Molekül CO2.

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