Neues Verfahren zur Umpolung chemischer Verbindungen für die gezielte Synthese von Arzneimitteln
„Mit dieser Arbeit glauben wir, einen bedeutenden Beitrag zu einer selektiven, nachhaltigen und zielgerichteten Synthesechemie geleistet zu haben“
Michael Laue
„Mit dieser Strategie können wir ein bislang schwer zugängliches Struktur-Motiv nun erstmals effizient und präzise erzeugen“, erklärt Friedmann weiter. Konkret haben die Chemiker herausgefunden, wie mit einem Verfahren chemische Verbindungen so umgepolt werden können, dass eine höchst ungewöhnliche Entfernung von zwei Carbonylgruppen entlang einer Kohlenstoffkette erhalten wird.
Hydrazon als Schlüssel zum Erfolg
Die Carbonylgruppe, charakterisiert durch eine Doppelbindung zwischen einem Kohlenstoff- und einem Sauerstoffatom, ist die zentrale funktionelle Einheit in der organischen Chemie. Aufgrund ihrer natürlichen Polarität – mit einer positiven Ladung am Kohlenstoff und einer negativen am Sauerstoff – war die Synthese von Verbindungen mit zwei Carbonylgruppen in einem ganz bestimmten-Abstand zueinander bislang nur schwer möglich, weil sie die gezielte Umpolung einer der beiden Carbonylgruppen erforderte. Der Schlüssel zum jetzt erzielten Erfolg lag in der Verwendung einer speziellen funktionellen Gruppe, eines sogenannten Hydrazons, das die natürliche Polarität der Carbonylgruppe umkehren kann. Mit Hilfe eines besonders wirksamen und genau angepassten Katalysators konnten die gewünschten Moleküle in Reaktionen mit einem weiteren Reaktionspartner sehr effizient hergestellt werden. Neben eingehenden mechanistischen Studien zum Reaktionsverlauf gelang mit Hilfe dieser neuen Strategie auch bereits die Synthese verschiedener medizinischer Wirkstoffe, wie zum Beispiel des Antiepileptikums Pregabalin.
Chiralität als Schlüssel zur Funktionalität
Die Chiralität, also die asymmetrische Anordnung von Atomen in einem Molekül, spielt eine entscheidende Rolle in der Chemie und Biologie. Enantiomere, die spiegelbildliche und gleichzeitig nicht deckungsgleiche Formen eines Moleküls darstellen, können im menschlichen Körper völlig unterschiedliche Wirkungen entfalten. Teilweise hat das andere Enantiomer sogar eine toxische Wirkung zur Folge. Im Labor eine gezielte Synthese solcher Verbindungen zu erreichen, stellt eine große Herausforderung dar. Das von der Forschungsgruppe verwendete Konzept der Silylium-ACDC (Asymmetrische Gegenionen-Katalyse)löst dieses Problem. „Dabei verbinden sich zwei geladene Teilchen zu einem Ionenpaar: Ein negativ geladenes Teilchen aus dem Katalysator und ein positiv geladenes Teilchen aus dem Hydrazon. Der chirale Katalysator stellt sicher, dass praktisch ausschließlich eines der beiden möglichen Spiegelbilder des Produkts entsteht“, erklärt Studienleiter Prof. Schneider. Der Begriff „Silylium“ beziehe sich dabei auf ein Silizium-Teilchen mit positiver Ladung, das als aktiver Bestandteil des Katalysators wirkt.
Potenzial für die Arzneimittelentwicklung
Die nach dieser Strategie hergestellten Verbindungen bieten vielfältige Anwendungsmöglichkeiten. Sie können als Ausgangsstoffe für die Synthese verschiedener Arzneimittel dienen, deren Herstellung bislang meist auf den Einsatz toxischer Schwermetall-Katalysatoren angewiesen war. Darüber hinaus stellen sie wertvolle Bausteine für chemische Transformationen dar, die mit natürlicher Polarität nicht zugänglich sind.
„Mit dieser Arbeit glauben wir, einen bedeutenden Beitrag zu einer selektiven, nachhaltigen und zielgerichteten Synthesechemie geleistet zu haben“, sagt Prof. Schneider. Diese Methode werde die Basis für weitere Entwicklungen und innovative Anwendungen insbesondere in der medizinischen Chemie schaffen.
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Die chemische Synthese steht im Zentrum der modernen Chemie und ermöglicht die gezielte Herstellung von Molekülen mit spezifischen Eigenschaften. Durch das Zusammenführen von Ausgangsstoffen in definierten Reaktionsbedingungen können Chemiker eine breite Palette von Verbindungen erstellen, von einfachen Molekülen bis hin zu komplexen Wirkstoffen.
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