Ring aus fünf Bismut-Atomen hergestellt

Chemisches Rätsel nach Jahrzehnten gelöst

11.02.2025
KIT

Frau Professorin Stefanie Dehnen (links) gemeinsam mit Dr. Benjamin Peerless (Mitte) und Dr. Julia Rienmüller (rechts) im Labor

Forschenden des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) ist es erstmals gelungen, ein Molekül aus fünf Bismut-Atomen, den Bi₅⁻-Ring, zu synthetisieren und in einem Metallkomplex zu stabilisieren. Mit dieser Entdeckung schließen sie eine wichtige Lücke in der Chemie und schaffen die Grundlage für neue Anwendungen in der Materialforschung, Katalyse und Elektronik. Über die Ergebnisse berichtet das Team in Nature Chemistry.

„Mit der erfolgreichen Synthese des Bi₅⁻-Rings haben wir eine langjährige Frage der Grundlagenforschung beantwortet. Dieses Molekül könnte zukünftig eine wichtige Rolle in der Entwicklung neuer Materialien und chemischer Prozesse spielen“, erklärt Professorin Stefanie Dehnen vom Institut für Anorganische Chemie am KIT und Leiterin der Forschungsgruppe Cluster-basierte Materialien. Besonders interessant sei, dass der Bi₅⁻-Ring ähnlich aufgebaut ist wie das Molekül Cyclopentadienyl (C₅H₅)⁻, das bereits vielseitig in der Industrie zum Einsatz kommt. Der Bi₅⁻-Ring unterscheidet sich jedoch durch eine größere Masse und einzigartige elektronischen Eigenschaften.

Chemisches Rätsel nach Jahrzehnten gelöst

Seit Jahrzehnten suchen Forschende nach schweren Analoga des Cyclopentadienyl-Rings – also Molekülvarianten in denen die ursprünglichen Kohlenstoff- und Wasserstoffatome durch schwerere Elemente ersetzt sind. Denn diese bieten potenziell interessante und attraktive Eigenschaften für die Katalyse von chemischen Reaktionen oder für Materialien für elektronische Bauteile. Das Analogon aus Atomen des Elements Bismut, dem schwersten aber zugleich ungiftigen Metall, blieb bislang unerschlossen, obwohl der Ring laut Vorhersagen ähnliche aromatische Eigenschaften, also ähnlich stabile und weitgehend verteilte Elektronen aufweisen sollte wie (C₅H₅)⁻. Die Isolation des Rings zeigt nun, dass tatsächlich selbst die schwersten Varianten in stabile Verbindungen eingebracht und für Reaktionen genutzt werden können. Hochgenaue analytische Methoden, die in Kooperation mit den Gruppen von Professor Florian Weigend vom Institut für Nanotechnologie des KIT und Professor Wolfgang Wernsdorfer vom Physikalischen Institut des KIT zur Anwendung kamen, lieferten detaillierte Einblicke in die besonderen elektronischen und magnetischen Eigenschaften des Produkts [{IMesCo}₂Bi₅]. Dabei zeigte sich wie erwartet, dass dieses Molekül für Anwendungen in der Katalyse und Elektronik besonders vielversprechend ist.

Stefanie Dehnen und ihr Team erreichten die Synthese durch eine Kombination aus Erfahrung, Intuition und moderner Synthesetechnik. Ein entscheidender Faktor sei die Verwendung eines speziellen Lösungsmittels, erklärt die Professorin, die erst kürzlich den IUPAC Distinguished Women in Chemistry or Chemical Engineering Award erhielt. Die Auszeichnung würdigt die herausragenden Leistungen von Frauen in der Chemie und im Chemieingenieurwesen weltweit.

Nachhaltige Technologien könnten profitieren

Die Arbeit der Forschungsgruppe demonstriert, wie wichtig Grundlagenforschung für wissenschaftliche Durchbrüche ist. Die Ergebnisse sind nicht nur ein Meilenstein in der Chemie, sondern könnten auch die Basis für die Entwicklung von effizienteren und umweltfreundlicheren Technologien sein. Das Projekt förderten die Deutsche Forschungsgemeinschaft und der Europäische Forschungsrat. Das Team plant, weitere Verbindungen auf Basis des Bi₅⁻-Rings zu untersuchen, um dessen Potenzial für chemische Reaktionen und Anwendungen in der Materialwissenschaft voll auszuschöpfen. Zukünftig sollen auch Methoden des Maschinellen Lernens eingesetzt werden, um Synthesewege weiter zu optimieren und die Forschung zu beschleunigen. „Wir hoffen, dass unsere Arbeit andere Forschende motiviert, diese Richtung weiterzuverfolgen und neue Anwendungen zu erschließen“, so Dehnen. Dazu wollen sie und ihr Team auch mit interessierten Unternehmen und Forschungseinrichtungen zusammenarbeiten.

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