Synthetische Treibstoffe und mehr dank maschinellem Lernen
Kohlendioxid effizienter in wertvolle Chemikalien umwandeln: Empa-Forscherin will bessere Elektroden für die CO2-Elektrolyse entwickeln
Kohlendioxid nutzbar machen: Das ist das Ziel der jungen Empa-Forscherin Carlota Bozal-Ginesta. In ihrem Forschungsprojekt will sie mittels maschinellen Lernens und Hochdurchsatz-Experimenten bessere Elektroden für die CO2-Elektrolyse entwickeln. Dafür hat sie nun ein zweijähriges «Empa Young Scientist Fellowship» erhalten.
Überschüssiges Kohlendioxid in der Atmosphäre ist der Haupttreiber des Klimawandels. Zugleich kann es aber auch ein wertvoller Rohstoff sein. Wenn wir das CO2 aus der Atmosphäre wieder herausfiltern, oder es an seinem Entstehungsort abfangen, können daraus nämlich synthetische Treibstoffe und nützliche Chemikalien gewonnen werden. Dafür benötigt man nebst dem Kohlendioxid lediglich Wasser, etwas Strom aus erneuerbaren Quellen und ein Elektrolysegerät mit Katalysator.
Darin liegt jedoch die Herausforderung: Die heutigen Katalysatoren für diesen Prozess sind zwar wirksam, aber zu wenig spezifisch. So entsteht bei der Elektrolyse ein Gemisch aus bis zu 20 verschiedenen flüssigen und gasförmigen Verbindungen, die sich nur mit grossem Aufwand trennen lassen. Die Entwicklung von geeigneten Technologien, die ganz gezielt eines oder zumindest wenige Produkte liefern, ist daher eine zentrale Forschungsfrage – auch an der Empa.
Einen innovativen Ansatz für bessere Elektroden für die CO2-Elektrolyse verfolgt die Empa-Forscherin Carlota Bozal-Ginesta aus dem Labor «Materials for Energy Conversion». Sie will den Einfluss der Elektrodenstruktur auf die Zusammensetzung der Produkte mittels maschinellen Lernens (ML) besser verstehen. Für dieses Forschungsprojekt hat sie nun ein zweijähriges «Empa Young Scientist Fellowship» erhalten.
Eine Frage der Struktur
Die häufigsten Elektroden, die bei der CO2-Elektrolyse zum Einsatz kommen, sind Gasdiffusionselektroden. Es handelt sich um poröse Strukturen, die mit dem aktiven Katalysatormaterial beschichtet sind – meist Kupfer oder Silber. Die Form, Anordnung und Dichte der Poren können das Ergebnis der Katalyse beeinflussen. Wie genau sie dies tun, ist jedoch noch nicht vollständig geklärt.
Dies will Bozal-Ginesta ändern. Dafür verbindet sie zwei Dinge: maschinelles Lernen und die Hochdurchsatzanlage für Forschung an CO2-Elektrolyse, die im Labor «Materials for Energy Conversion» aufgebaut wurde. «Um ML anzuwenden, brauchen wir grosse Datensätze», erklärt die Forscherin. Die Anlage, die acht bis zehn Katalysatorvarianten gleichzeitig charakterisieren kann, ist der Schlüssel dazu. Die daraus gewonnenen Daten kombiniert Bozal-Ginesta mit diversen Mikroskopie- und Spektroskopieverfahren.
Maschinelles Lernen kommt auf drei Arten zum Einsatz. «Erstens will ich die Korrelation zwischen der Struktur der Elektrode und ihrer elektrochemischen Leistung verstehen. Zweitens will ich ML-basierte Tools entwickeln, die nützliche strukturelle Eigenschaften in den Mikroskopieaufnahmen der Elektroden identifizieren können. Und schliesslich will ich aus diesen Daten realistische neue Elektrodenstrukturen ableiten, die vielversprechende Eigenschaften haben könnten», führt die Forscherin aus.
Besonderen Wert legt die Bozal-Ginesta dabei auf einen durchdachten Einsatz der ML-Technologie. «Oftmals werden maschinelles Lernen und künstliche Intelligenz in einem ‹Brute-Force-Ansatz› verwendet – mit begrenzter Datenaufbereitung und wenig Berücksichtigung von bestehendem Fachwissen», erklärt sie. Ist der Datensatz unvollständig oder das Modell ungenau, stimmen auch die Ergebnisse nicht. «Es liegt immer noch an uns, den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, Hypothesen aufzustellen und Schwerpunkte zu setzen – d.h. vorzuschlagen und zu validieren, welche Informationen bei der Leistungsmodellierung und -vorhersage die grösste Rolle spielen. ML ist ein leistungsstarkes Werkzeug, um unsere Hypothesen zu überprüfen. Aber nur wir können entscheiden, was wirklich wichtig ist», ist Bozal-Ginesta überzeugt.