In Hessen startet die Chemie-Tarifrunde
Arbeitgeber weisen Forderung der Gewerkschaft als überzogen zurück und warnen vor „Euphorie- Falle“
Angesichts der Forderungshöhe rechnet Dr. Axel Schack, Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbandes HessenChemie, mit schwierigen Verhandlungen. Anders als die Gewerkschaft sieht der Verband nämlich keineswegs einen Aufschwung über das Vorkrisen- Niveau hinaus. Lediglich von einer „Erholung“ könne die Rede sein. 40 Prozent der Mitgliedsunternehmen gehen laut einer aktuellen Verbandsumfrage davon aus, dass das Vorkrisen- Niveau erst 2012 oder später erreicht wird.
Nach einem dramatischen Produktionseinbruch im Rahmen der Finanz- und Wirtschaftskrise und einem erfolgreichen Krisenmanagement hat sich die chemische Industrie in Hessen 2010 überraschend schnell erholt. Der Aufstieg sei aber aus einem überaus tiefen Tal erfolgt und damit nur ein Spiegel des erheblichen Einbruchs. Die positive Aufholentwicklung des Vorjahres und die Rückkehr in normale Wachstumspfade werde sich 2011 nur verlangsamt fortsetzen.
Es wird für das laufende Jahr ein moderates Produktionswachstum von 2 Prozent erwartet, das den Zuwachs des Jahres 2010 relativiert. „Bereits in der zweiten Jahreshälfte des zurückliegenden Jahres haben wir ein spürbares Nachlassen der Wachstumsdynamik feststellen müssen“, erklärt Schack.
Die Krisenbewältigung war eine gemeinsame Leistung von Arbeitnehmern und Arbeitgebern. Die moderate Tarifpolitik in der chemischen Industrie, die verantwortliche Nutzung von Flexibilisierungsinstrumenten und die Durchführung von Kurzarbeit haben maßgeblich zur Sicherung der Beschäftigung beigetragen. „Dies darf jetzt aber keine Begründung für überzogene Lohnforderungen sein“, betont der Hauptgeschäftsführer im Hinblick auf den Start der Verhandlungen.
Reale Risiken dürfen nicht unberücksichtigt bleiben. Hierzu gehören die begrenzten Wachstumsaussichten der Industrieländer, das Auslaufen schuldenfinanzierter Konjunkturprogramme, die Unsicherheiten durch die Euro- Krise, ein Abflachen der Expansion in den Schwellenländern sowie eine Kostensteigerung für Rohstoffe und Energie.
„Die Chemiebeschäftigten sind vor und auch während der Krise fair bedacht worden. 2008 und 2009 stiegen die Entgelte in zwei Stufen um insgesamt 7,7 Prozent. Zudem gab es 2010 eine größere Einmalzahlung“, argumentiert Schack. Es gibt daher keinen Grund für überzogene Forderungen. Nach seiner Ansicht muss der angestrebte Tarifabschluss auch für die Unternehmen tragbar sein, die nur sehr langsam aus dem Krisental herausklettern. „Wir dürfen jetzt nicht den Fehler machen, die Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung zu gefährden“, warnt er. Man sei auf dem Weg zurück auf einen normalen Wachstumspfad. „Wir appellieren an unsere Verhandlungspartner, jetzt nicht den Realitätssinn zu verlieren und vielmehr den erfolgreichen Weg mit uns gemeinsam weiter zu gehen“, so Schack abschließend.
*Chemiebeschäftigte in den Mitgliedsunternehmen des AGV HessenChemie
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