Aktionswert: Ein erster Schritt in Richtung einer drastischen Reduzierung von Acrylamid in Lebensmitteln

BgVV fordert die Hersteller auf, die Gehalte schnellst möglich weiter zu senken

16.08.2002

Wissenschaftlich fundierte Höchstmengen für Acrylamid in Lebensmitteln können nach Ansicht des Bundesinstituts für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin (BgVV) zum jetzigen Zeitpunkt nicht festgesetzt werden. Das Institut empfiehlt aber die Einführung eines "Aktionswertes" von 1000 Mikrogramm Acrylamid pro Kilogramm Lebensmittel als einen ersten Schritt in Richtung einer weiteren drastischen Reduzierung. Ziel ist es, den Acrylamidgehalt so weit wie möglich zu senken. "Acrylamid ist eine Substanz, die wahrscheinlich auch beim Menschen Krebs auslösen und das Erbgut schädigen kann" so Dr. Dieter Arnold, Leiter des BgVV. "Wir halten die Acrylamid-Aufnahme über Lebensmittel für bedenklich und fordern die Hersteller deshalb nachdrücklich auf, alle Anstrengungen zu unternehmen, die Gehalte so schnell und so weit wie möglich zu senken". Die Tatsache, dass Verbraucher möglicherweise bereits seit Jahren hohe Mengen an Acrylamid über Lebensmittel aufgenommen haben, macht es erst recht notwendig, das Problem rasch und notfalls stufenweise zu lösen.

Acrylamid ist ein "Baustein" von Kunststoffen. Unter bestimmten Bedingungen entsteht die Substanz (ohne dass sie von außen zugesetzt würde) aber auch bei der Herstellung von Lebensmitteln im gewerblichen und privaten Bereich. Zum Teil sehr hohe Acrylamidgehalte von über 3000 Mikrogramm pro Kilogramm ließen sich in sehr stark erhitzten kohlenhydrathaltigen Lebensmitteln nachweisen. In Gemüse, Obst und Fleisch sowie in gekochten oder gedünsteten Lebensmitteln wurde Acrylamid dagegen nicht nachgewiesen. Zwar gibt es mittlerweile Hinweise auf Faktoren, die an der Acrylamidbildung beteiligt sind, aufgeklärt ist der Entstehungsmechanismus aber nach wie vor nicht.

Der jetzt vom BgVV empfohlene Aktionswert soll den Verbraucher kurzfristig vor Acrylamid-Spitzenbelastungen schützen, indem er die Industrie zum Handeln auffordert und der amtlichen Lebensmittelüberwachung der Bundesländer die Möglichkeit zur Intervention bietet, bis eine wissenschaftlich fundierte Ableitung von Höchstmengen möglich ist.

"Betroffen" von dem Aktionswert sind vor allem einzelne Produkte aus der Gruppe der Kartoffelchips, in geringerem Ausmaß aber auch anderer Knabberartikel und Kekse. Das BgVV ist sich der Tatsache bewusst, dass ein solcher Aktionswert nur ein erster Schritt in Richtung einer drastischen Reduzierung der Acrylamidgehalte sein kann, weil er wichtige Quellen der Belastung nicht erreicht. Dazu zählen zum Beispiel Produkte, die im privaten Haushalt hergestellt werden und vergleichbar hohe Acrylamidgehalte aufweisen können.

Welche weiteren effektiven Maßnahmen zur Risikominimierung und damit zum vorbeugenden Schutz des Verbrauchers ergriffen werden können, soll im Rahmen einer Informationsveranstaltung erörtert werden, zu der das BgVV am Donnerstag, dem 29. August 2002 nach Berlin einlädt. Die ganztägige Informationsveranstaltung trägt den Titel "Acrylamid in Lebensmitteln - ernstes Problem oder überschätzte Gefahr?" Drei Monate nach der ersten Anhörung im BgVV ist sie als "Follow Up" gedacht. Experten werden über den aktuellen Sach-stand informieren und erstmals in größerem Umfang Daten zur Acrylamidbelastung in Deutschland vorstellen. Das weitere Vorgehen soll erläutert und das von Acrylamid für den Verbraucher ausgehende Risiko diskutiert werden. Ein weiteres wichtiges Thema bei der Veranstaltung werden praktische Tipps zur Reduzierung der Acrylamidgehalte im privaten Haushalt sein.

Eingeladen zu der ganztägigen Veranstaltung hat das BgVV neben Vertretern aus Politik, amtlicher Überwachung, Bundes- und universitären Forschungseinrichtungen, Verbraucherverbänden, Gewerkschaften, der Industrie und den Medien auch interessierte Verbraucherinnen und Verbraucher.

Das Programm der Veranstaltung und weitere Informationen finden Sie auf der BgVV-Homepage (www.bgvv.de)

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