Wegweiser für chemische Druckknöpfe
Kupferionen als Morphogene für die Bildung von Polymerfilmen via Klick-Chemie
Bei der Entstehung von Knochen, von Muschelschalen oder dem komplizierten Gerüst von Kieselalgen müssen die beteiligten Prozesse der Biomineralisation in genau gelenkten Bahnen laufen. Moleküle dürfen nicht einfach unkontrolliert miteinander reagieren, wenn sie aufeinander treffen. Damit sich ein komplexer Organismus entwickeln kann, muss jede einzelne Zelle wissen, wo sie sich innerhalb eines wachsenden Organs befindet. Spezielle Signalmoleküle, Morphogene, zeigen ihr das an. Sie werden an einer bestimmten Stelle gebildet und verteilen sich dann in das umgebende Gewebe. So entstehen Konzentrationsgradienten, an denen sich die Zellen „orientieren“.
Eine ähnliche Strategie wählten nun Schaaf und seine Kollegen, um feine Filme auf einem Substrat zu bilden. Auch sie nutzen eine Art Morphogen, um den Prozess zu steuern. Als Reaktionspartner dienten ein Polymer mit Azidgruppen (–N3) und eines mit Alkingruppen (–C≡CH) als Seitengruppen. In Anwesenheit von einfach positiv geladenen Kupferionen CuI reagieren diese Gruppen miteinander unter Bildung eines Kohlenstoff-Stickstoff-Fünfrings und vernetzen so die Polymere miteinander. Man nennt diese Reaktion „Klick-Chemie“, weil die Reaktionspartner einfach wie mit einem Druckknopf aneinander geknüpft werden.
In einer Lösung, in der beide Klick-Partner sowie CuI-Ionen vorhanden sind, würde die Reaktion sofort blindlings loslaufen. Ein dünner Polymerfilm würde auf diese Weise nicht entstehen. Die Idee war nun, nur die zu beschichtende Oberfläche mit CuI-Ionen als Morphogene auszustatten. Und das machten die Forscher folgendermaßen: Sie gaben zweifach positiv geladene Kupferionen CuII in die Lösung. An die Oberfläche wurde dann eine elektrische Spannung angelegt. Gelangt ein CuII-Ion an die geladene Oberfläche, nimmt es ein Elektron auf und wird zu CuI. CuI-Ionen befinden sich also vor allem dicht an der Oberfläche. Wo CuI-Ionen sind, läuft auch die Klick-Reaktion ab, die Polymere vernetzen nur an der Oberfläche zu einem durchgehenden Film. Über die angelegte Spannung kann die Menge an CuI-Ionen und damit die Filmdicke reguliert werden.
Originalveröffentlichung
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Originalveröffentlichung
Pierre Schaaf et al.; "Electrochemically Triggered Film Formation by Click Chemistry"; Angewandte Chemie, Volume 123, Issue 19, pages 4466–4469, May 2, 2011
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