Erstmals CO2 aus Kraftwerk unterirdisch verpresst
(dpa) Im brandenburgischen Ketzin ist erstmals in Deutschland Kohlendioxid (CO2) aus einem Braunkohlekraftwerk in tiefen Gesteinsschichten gespeichert worden. Das Deutsche GeoForschungsZentrum GFZ verpresst dort an seinem Pilotstandort versuchsweise etwa einen Monat lang 2.000 Tonnen industriell abgeschiedenes CO2 aus der Spremberger Versuchsanlage Schwarze Pumpe in einer Tiefe von 650 Meter. Täglich rollen nun drei Lastwagenladungen mit eiskaltem, verflüssigtem CO2 die 200 Kilometer nach Ketzin.
Seit Juni 2008 wurden an dem EU-Forschungsstandort Ketzin nach GFZ-Angaben bereits 48.500 Tonnen Kohlendioxid gespeichert, das beispielsweise für die Getränkeproduktion geeignet ist. Dieses CO2 hat einen Reinheitsgrad von mehr als 99,9 Prozent. Das jetzt eingesetzte CO2 aus der Pilotanlage des CO2-armen Kohlekraftwerkes, das dem Energiekonzerns Vattenfall Europe gehört, hat mit mehr als 99,7 Prozent ebenfalls einen hohen Reinheitsgrad. Es enthalte aber geringe Spuren weiterer im Kraftwerksbetrieb anfallenden Gase, hieß es.
Die unterirdische Verpressung sei auch ein wichtiger Schritt für das Umsetzen der gesamten CCS-Technologiekette (Carbon Dioxide Capture and Storage). Demnach wird das Treibhausgas aus dem Rauchgas abgeschieden, transportiert und gespeichert. Mitte April hatte die Bundesregierung den CCS-Gesetzentwurf beschlossen und damit den Weg für die Erforschung der umstrittenen Technik zum Klimaschutz bis 2017 frei gemacht. Der Entwurf muss noch den Bundestag und den Bundesrat passieren.
«Unsere bisherigen Arbeiten am Standort Ketzin haben fundamentale Erkenntnisse zum Injektionsprozess selbst, zum Ausbreitungsverhalten des CO2 im Speichergestein sowie zur Entwicklung, Erprobung und Beweisführung verschiedener Überwachungsmethoden geliefert», sagte Michael Kühn, Leiter des Zentrums für CO2-Speicherung am GFZ in Potsdam. «Wir betreiben am Standort Ketzin Grundlagenforschung», betonte Kühn. «Wir untersuchen, ob die geologische Speicherung des Treibhausgases eine Option für die Reduktion der CO2-Emissionen ist.» Sicherheit für Mensch und Natur stünden an erster Stelle.
Die im September 2008 eröffnete Versuchsanlage der Vattenfall Europe AG am Industriestandort Schwarze Pumpe im Süden Brandenburgs ist derzeit die einzige Anlage in Deutschland, die industriell abgetrenntes Kohlendioxid liefern kann. Die bergrechtliche Speichergenehmigung durch das Landesbergamt beziehe sich ausschließlich auf diesen Herkunftsort, bemerkte Kühn.
«Ketzin ist und bleibt ein Forschungsvorhaben», hob Kühn hervor. An dem 2004 gestarteten Projekt sind mehrere europäische Länder beteiligt. Die am Standort Ketzin eingesetzten CO2-Überwachungsmethoden zählen nach den GFZ-Angaben zu den umfangreichsten und innovativsten weltweit.
Vattenfall plant derzeit die Erkundung der CO2-Speicherung in Ostbrandenburg, doch dies stößt auf heftigen Widerstand der Bewohner. Bundesweit gibt es viele Bürgerinitiativen gegen die Technologie, da schwere Schäden für Mensch und Umwelt bei Lecks befürchtet werden. Weiterer Kritikpunkt ist, dass das Verfahren sehr viel Energie verbraucht, so dass mehr Kohle für den gleichen Energiegewinn abgebaut werden muss und im Kraftwerk selbst mehr Kohlendioxid entsteht. Die rot-rote Landesregierung unterstützt die Erforschung der CCS-Technologie, dies dürfe jedoch nicht zu Lasten der Sicherheit der Bevölkerung geschehen.
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