Wasserstoffgewinnung dank «künstlicher Photosynthese»

Algenprotein verstärkt elektrochemische Wasserspaltung

09.01.2012 - Schweiz

Durch Wasserspaltung in photoelektrochemischen Zellen Wasserstoff zu erzeugen, ist ein viel versprechender Weg hin zu nachhaltigen Kraftstoffen. Ein Team aus Schweizer und US-amerikanischen Wissenschaftlern hat vor kurzem hoch effiziente Elektroden entwickelt – aus Algenproteinen, die auch in der natürlichen Photosynthese eine entscheidende Rolle spielen.

Die Photosynthese gilt als «Heiliger Gral» auf dem Gebiet der nachhaltigen Energieerzeugung; sie wandelt Sonnenenergie direkt in speicherbaren Kraftstoff um, als Ausgangsstoffe benötigt sie lediglich Kohlendioxid (CO2) und Wasser. Wissenschaftler versuchen seit langem, die Prozesse der natürlichen Photosynthese nachzuahmen und technisch zu nutzen. So können beispielsweise photoelektrochemische Zellen (PEC) Wasser mit Solarenergie elektrochemisch spalten und dadurch Wasserstoff direkt erzeugen, also ohne den «Umweg», die zur Elektrolyse von Wasser benötigte Energie durch Photovoltaik zu gewinnen.

Die in PEC verwendeten Elektroden werden gewöhnlich aus Halbleitern, etwa Metalloxiden, hergestellt, von denen einige auch photokatalytisch wirken. Forscher der Empa-Abteilung «Hochleistungskeramik» untersuchen schon seit einiger Zeit Nanopartikel dieser Werkstoffe – beispielsweise Titandioxid (TiO2) – mit dem Ziel, damit Luft und Wasser von organischen Schadstoffen zu reinigen. Nun ist es ihnen zusammen mit Kollegen der Universität Basel und des US-amerikanischen «Argonne National Laboratory» gelungen, eine PEC-Elektrode zu entwickeln, mit der sich Wasser doppelt so effizient spalten lässt wie mit bisherigen Eisenoxidelektroden. Die neuartige «Nano-Bio»-Elektrode besteht aus Eisenoxidpartikeln, an die ein Protein aus Blaualgen (auch als Cyanobakterien bekannt) gekoppelt ist.

Natürliche Photosynthese als Inspiration

Eisenoxid, insbesondere Hämatit (alpha-Fe2O3), ist ein viel versprechendes Material für PEC-Elektroden, da es auch den sichtbaren Teil des Sonnenlichts absorbiert und dieses dadurch effizienter nutzt als etwa TiO2, das nur den ultravioletten Anteil verwenden kann. Außerdem ist Hämatit kostengünstig und in großen Mengen verfügbar.

Der zweite Bestandteil der neuartigen Elektrode ist das Blaualgenprotein Phycocyanin. «Die natürliche photosynthetische Maschinerie der Cyanobakterien, in der Phycocyanin als wichtigste Licht sammelnde Komponente fungiert, hat mich inspiriert; ich wollte mit Hilfe von Keramik und eben diesen Proteinen die Photosynthese sozusagen nachbauen», erinnert sich Debajeet K. Bora, der im Rahmen seiner Doktorarbeit an der Empa die neue Elektrode entwickelte. «Das Konzept der Oberflächenfunktionalisierung von Hämatit mit Proteinen war in der PEC-Forschung vorher vollkommen unbekannt.»

Nachdem Bora Phycocyanin kovalent an Hämatit-Nanopartikel gekoppelt und diese in einem dünnen Film immobilisiert hatte, absorbierte das konjugierte Hämatit deutlich mehr Photonen als ohne Protein: Der Photostrom der hybriden Elektrode verdoppelte sich im Vergleich zu einer «normalen» aus Eisenoxid.

Ganz schön robust – zum Glück

Zur Überraschung der Forscher wurde der Proteinkomplex während des Betriebs der PEC nicht zerstört, obwohl er in alkalischer Umgebung und unter Lichteinfluss in direkten Kontakt mit einem Photokatalysator kam. Chemiker hätten bei derart korrosiven und aggressiven Bedingungen eigentlich eine vollständige Denaturierung der Biomoleküle erwartet. «Photokatalysatoren sind darauf ausgelegt, umweltbelastende Kohlenwasserstoffe zu zerstören. Hier haben wir jedoch eine andere Situation», sagt Projektleiter Artur Braun. «Es scheint eine delikate Balance zu geben, bei der organische Moleküle nicht nur die Photokatalyse überleben, sondern unseren Keramikkatalysatoren sogar einen Vorteil verleihen: Sie verdoppeln den Photostrom. Das ist ein enormer Fortschritt.»

Das Projekt wurde vom Bundesamt für Energie (BFE) finanziert. Debajeet K. Bora, der schon bald seine Dissertation abschließt, wird seine an der Empa begonnene Arbeit an der University of California in Berkeley (USA) fortsetzen, wo er Anfang nächsten Jahres eine Stelle als Postdoktorand antritt.

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