Energiespeicher der Zukunft erforschen und entwickeln

Zentrum für Energie und Umweltchemie (CEEC) entsteht in Jena

20.08.2012 - Deutschland

Wer hat sich nicht schon geärgert, weil der „schwere“ Akku des Laptops nicht nur das Gewicht wesentlich erhöht, sondern auch gerade dann den Strom aufgibt, wenn man noch Wichtiges schreiben will? Als Nutzer träumt man dann von einem leichten Akku, der in kürzester Zeit wieder aufgeladen ist und danach das Gerät stundenlang mit Strom versorgt.

Damit dies nicht länger ein Traum bleibt, wird in Jena das deutschlandweit einzigartige Zentrum für Energie und Umweltchemie (Center for Energy and Environmental Chemistry Jena – CEEC Jena) entstehen. Die Politik hat gerade den Weg freigemacht und über 14 Mio. Euro zugesagt, damit das neue Forschungszentrum gebaut und eröffnet werden kann. Getragen wird es gemeinsam von der Friedrich-Schiller-Universität Jena (FSU) und dem Fraunhofer-Institut für Keramische Technologien und Systeme Hermsdorf/Dresden (IKTS). Dies sichert eine enge Verbindung von Grundlagen- und angewandter Forschung.

Keramische oder polymere Materialien für die Energiespeicherung, -erzeugung und für Umwelttechnologien

Im CEEC Jena sollen keramische oder polymere Materialien für die Energiespeicherung, -erzeugung und für Umwelttechnologien entwickelt und entsprechende Prototypen gebaut werden. Dazu existiert bereits ein breites Know-how in 12 bis 15 Arbeitsgruppen der Universität und des Fraunhofer-Instituts, die nun unter dem Dach des CEEC verknüpft werden sollen. Hinzu kommen zwei neu eingerichtete Forschergruppen sowie eine von der Carl-Zeiss-Stiftung finanzierte Juniorprofessur für Elektrochemie, die bereits in Vorbereitung der Zentrumsgründung eingerichtet wurden. „Das große gemeinsame Ziel der beiden Forschergruppen von FSU und ITKS ist die Entwicklung von neuen bzw. optimierten elektrischen Energiespeichern, die zukünftig eine risikoarme, klimafreundliche und nachhaltige Energieversorgung in verschiedenen Anwendungsfeldern ermöglichen“, fasst es Prof. Dr. Ulrich S. Schubert von der Uni Jena zusammen. Der Chemiker und Initiator des CEEC verweist außerdem auf „den interfakultativen Charakter des Zentrums, wodurch wir die notwendige Masse an wissenschaftlichem Know-how für so etwas Besonderes wie ein universitäres Zentrum erhalten“.

Forschungen an drei unterschiedliche Batterietypen

Im Mittelpunkt der aktuellen Energiespeicher-Forschungen am CEEC Jena stehen drei unterschiedliche Batterietypen: Organische Radikalbatterien, Redox-Flow-Batterien sowie Hochtemperatur-Batterien (u. a. Natrium-Schwefel-Batterien). Besonders die beiden letztgenannten Batterietypen sollen die Speicherung von großen Energiemengen ermöglichen, wie sie z. B. bei Windparks oder Solaranlagen entstehen. Das Ziel der Forschergruppen ist es, praktikable Lösungen für Redox-Flow-Batterien zu entwickeln, damit diese Systeme vermehrt einsatzfähig werden. „Bisher gibt es weltweit nur sehr wenige Beispiele für einen erfolgreichen Einsatz dieser Systeme – auf Grund des hohen Preises und weil die Langzeitstabilität noch fraglich ist“, sagt Dr. Martin Hager, Leiter der Forschergruppe „Neue polymere Materialien für effiziente Energiespeicher“ an der Uni Jena. Im Gegensatz dazu sind Organische Radikalbatterien Stromspeicher für geringere Energiemengen. Ein Vorzug dieser Systeme ist, dass dank innovativer Kunststoffe prinzipiell metallfreie Batterien gebaut werden können. Ein Ziel ist hier die Entwicklung von neuen Elektrodenmaterialien, welche eine möglichst hohe Kapazität und Zellspannung ermöglichen sollen. Ergänzt werden die Arbeiten der Forschergruppe u. a. durch Entwicklungen am Institut für Organische Chemie und Makromolekulare Chemie der FSU, wo momentan polymere Materialien für die organische Radikalbatterie entwickelt werden. Diese Polymere erlauben es u. a., Batterien drucktechnisch herzustellen. Weiterhin wird daran gearbeitet Batterien produzieren zu können, welche nur organische Aktivmaterialien enthalten. Auf diese Weise können fast metallfreie Batterien aufgebaut werden. „Giftige umweltgefährdende Metalle können somit perspektivisch komplett ersetzt werden“, betont Chemiker Hager.

Forschungen zu Hochtemperaturbatterien und Kohlenstoffnanoschichten

Am Fraunhofer-Institut in Hermsdorf wurden bereits Forschungen auf den Themengebieten Hochtemperaturbatterien und Kohlenstoffnanoschichten gestartet, jeweils für stationäre Anwendungen. Die Forschergruppe „Neue keramische Materialien für effiziente Energiespeicher“ des IKTS wird sich primär auf industrielle Stromspeicher fokussieren, die auf keramischen Prinzipien beruhen. „Dies sichert eine nahezu europaweite Alleinstellungsposition“, sagt der Leiter Dr. Michael Stelter. „Es wurde in den letzten Monaten zunächst die Fähigkeit hergestellt, innovative keramische Elektrolyte aus den Grundbestandteilen zu synthetisieren bzw. aus kommerziellen Materialien herzustellen und zweifelsfrei zu befunden“, so Stelter weiter. „Beides ist gelungen.“ Das IKTS kann – zunächst im Labormaßstab – eigene Materialien herstellen. Weiterhin wurden Verfahren und Hardware entwickelt, um eigene Hochtemperaturbatterien zu bauen und zu testen. „Somit ist die Forschergruppe bereits in der Lage, das komplette elektrochemische System Batterie im Labormaßstab abzubilden“, sagt Stelter. Als nächste Schritte sind geplant: die Batterien schrittweise auf die Größe eines Milchkartons pro Einzelzelle zu verkleinern. Weiterhin wird die Chemie der Batterien fortentwickelt. Die Hermsdorfer Wissenschaftler wollen v. a. die Prozesse des schleichenden Leistungsverlustes verstehen, der die Lebensdauer der Batterie reduziert. Es wird in den kommenden Jahren ein Ziel von ca. 100.000 Stunden Lebensdauer pro Zelle angestrebt.

Ergänzt werden die Untersuchungen durch die Forschungen von Prof. Dr. Anna Ignaszak. Sie hat seit Mai die Juniorprofessur für Elektrochemie funktionaler Materialien an der FSU inne und wird sich neben der Elektrochemie von organischen Polymeren und der Optimierung von Elektrodenmaterialien zukünftig auch Brennstoffzellen widmen.

Neubau kommt

Noch arbeiten die Forscher an verschiedenen Standorten, bis als zweiter Schritt der Zentrumsbildung ein Forschungsneubau für das CEEC Jena am Jenaer Max-Wien-Platz errichtet ist. Mit 14,4 Millionen Euro – inklusive Erstausstattung und Geräten – werden dort Forschungsflächen von über 1.200 qm entstehen. Unmittelbar an das noch im Bau befindliche „Zentrum für angewandte Forschung“ (ZAF) der Universität wird der Neubau des CEEC „angedockt“. Die Ernst-Abbe-Stiftung trägt bis zu 10 Millionen Euro. Diese Mittel stammen aus Zustiftungen des Landes an die Ernst-Abbe-Stiftung. Weitere vier Millionen Euro wird die Carl-Zeiss-Stiftung beisteuern. Die Kosten für die Erstausstattung in Höhe von rund 400.000 Euro werden aus Landesmitteln getragen. Darüber hinaus bringt das Land das Grundstück ein. „Die durch den Neubau ermöglichten Synergien sind – auch mit Blick auf die Kosten – überzeugend“, ist sich Prof. Schubert sicher, der darauf hofft, im Sommer 2015 einziehen zu können.

Doch bis dahin sind noch zahlreiche weitere Schritte notwendig auf dem Weg zum CEEC und nicht zuletzt erfolgreiche Forschungen, damit dem Laptop in Zukunft nicht gerade dann der Strom ausgeht, bevor die wichtige Idee fixiert wurde.

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