Drum prüfe, was sich ewig bindet
Neue Zentrifugentechnologie ermöglicht erstmals die Prüfung von Kleb-, Haft- und Verbundfestigkeiten im Mehr-Proben-Versuch
Die resultierende Zeitersparnis liegt im Ergebnis bei etwa 85 Prozent. Wenn die Prüfstempel abreißen beziehungsweise der Verbund versagt, werden der Zeitpunkt, die aktuelle Rotationsgeschwindigkeit und der betroffene Probenplatz automatisch aus der laufenden Zentrifuge an einen Computer gesendet. Eine speziell entwickelte Software berechnet online die kritischen Kräfte und Zugspannungen und stellt die Ergebnisse dar.
Das neue Prüfsystem sieht auf den ersten Blick wie eine herkömmliche Tischzentrifuge aus. In ihr läuft ein von der LUM GmbH entwickelter Spezialrotor mit bis zu 13.000 Um-drehungen pro Minute. Durch aufgeklebte beziehungsweise anderweitig mit dem Prüfkörper verbundene Prüfstempel können Klebungen, Beschichtungen und Komposit-werkstoffe mit Zugkräften belastet werden. Wie bei einem Karussell wird die aus der Drehbewegung resultierende Zentrifugalbeschleunigung ausgenutzt. Es werden Be-schleunigungen von bis zu 10.000 g erreicht, dabei wirken auf die Proben Fliehkräfte bis zu 6,5 Kilonewton (kN). Zum Vergleich: Die normale Erdbeschleunigung beträgt 1g.
„Durch die durchgehend realisierbaren Prüfkräfte von 0,1 N bis 6,5 kN sind nahezu beliebige Prüfabläufe sowohl für Kurzzeitbeanspruchungs- als auch Langzeitermüdungstests programmierbar“, sagt Prof. Dietmar Lerche, Geschäftsführer der auf analytische Zentrifugen spezialisierten LUM GmbH in Berlin. Und der BAM-Fachbereichsleiter Uwe Beck ergänzt: „Das vollautomatisierte Auf-Tisch-Prüfsystem ist sowohl für Forschung und Entwicklung als auch für die industrielle Qualitätssicherung gleichermaßen interessant“. Der Durchmesser der Prüffläche kann bis zu 10 Millimeter (mm) betragen, die maximalen Probenabmessungen liegen derzeit bei 30 mm x 30 mm x 15 mm. Die dabei prüfbare Zugfestigkeit beträgt bis zu 82,5 N/mm².
Für die Umsetzung der neuartigen Technologie im Bereich Materialprüfung insbesondere der innovativen Hard- und Softwarelösungen bekam die LUM GmbH den Innovationspreis Berlin-Brandenburg 2012 verliehen. Die Entwicklung ist aber noch nicht beendet: Unter Federführung beziehungsweise Mitwirkung der BAM werden zusammen mit der LUM GmbH und weiteren Partnern in zwei Verbundprojekten neue Anwendungen auf Zukunftsfeldern der Werkstofftechnik beziehungsweise der Materialforschung bearbeitet: Das QUO VADIS-Projekt im BMWi-Programm MNPQ zur Qualitätssicherung von Kompositwerkstoffen und das OKTETT-Projekt im AiF-Programm ZIM zur Validierung der Prozesskette Kleben.
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