Nanomagnete aus der Röhre
Im Zeitalter der Nanotechnologie sind die Wissenschaftler bestrebt, alles immer kleiner zu machen. Dabei sollen die chemischen und physikalischen Eigenschaften erhalten bleiben, die für die Funktionalität von Materialien und elektronischen Bauelementen wichtig sind. Manchmal ergeben sich aber durch den Übergang in die Nanometer-Bereich Änderungen, die ganz neue Funktionen ermöglichen. Am Leibniz-Institut für Festkörper- und Werkstoffforschung Dresden (IFW) haben Forscher magnetischen Nanokristalle gezüchtet, die besonders stark und korrosionsbeständig sind.
Die neue Methode, die dabei angewandt wurde, besticht vor allem durch ihre Einfachheit und Eleganz. Die Metallsalze der Verbindungskomponenten Kobalt, Eisen und Gallium werden in Wasser gelöst. In dieser Lösung werden die Kohlenstoffnanoröhren bei moderaten Temperaturen behandelt und anschließend filtriert. Die mit der Lösung gefüllten Kohlenstoffnanoröhren werden dann getrocknet und unter Wasserstoffzufuhr zur Zielverbindung reduziert. Auf diese Weise entstehen kugelförmige, voneinander separierte Partikel, die wie eine locker gefädelte Perlenkette das Innere der Kohlenstoffnanoröhren ausfüllen.
Die Kohlenstoffnanoröhren dienen während der Synthese als Schablone für die Größe der Nanopartikel. Durch die Variation des Innendurchmessers der Kohlenstoffnanoröhren kann die Größe der entstehenden Nanopartikel kontrolliert werden. In den ersten Experimenten der Forscher betrug der Durchmesser der Partikel ca. 35 Nanometer was genau dem Innendurchmesser der Nanoröhren entspricht.
Nach vollendeter Synthese bilden die Kohlenstoffnanoröhren eine schützende Hülle gegen Korrosion und andere chemische Veränderungen. Die chemische Stabilität der von Kohlenstoffnanoröhren ummantelten Nanopartikel ist ein großer Vorteil, da Korrosion in metallischen Materialien immer ein Problem darstellt.
Genaue mikroskopische Untersuchungen der Nanopartikel zeigen, dass die neue Methode wohlgeordnete Kristallstrukturen hervorbringt. Hinsichtlich der magnetischen Eigenschaften zeigen diese Nanopartikel magnetische Koerzitivfeldstärken, die 30 mal größer sind als in makroskopisch großen Körnen desselben Materials. Die Koerzitivfeldstärke ist das Maß für die magnetische Feldstärke, die notwendig ist, um eine ferromagnetische Substanz vollständig zu entmagnetisieren. Je höher die Koerzitivfeldstärke, desto schwieriger ist es, den Magneten zu entmagnetisieren. Die enorme Steigerung der Koerzitivfeldstärke der Nanopartikel wird auf eine Veränderung der magnetischen Domänenstruktur zurückgeführt. Während Massivmaterial und dünne Schichten Bereiche unterschiedlicher Magnetisierung ausbilden, sogenannte Domänen, weisen die Nanopartikel auf Grund ihrer geringen Größe nur wenige Domänen aus oder sind sogar ein-domänig.
Die Kobalt-Eisen-Gallium-Verbindung Co2FeGa gehört zur Klasse der sogenannten Heusler-Verbindungen. Das sind Verbindungen aus drei Elementen, die häufig halbleitend oder magnetisch sind. Benannt sind sie nach Fritz Heusler, der diese Verbindungsklasse 1903 entdeckte. Das Besondere an der ersten entdeckten Heusler Verbindung, dem Cu2MnAl war, dass sie magnetisch ist, obwohl sie aus den nichtmagnetischen Elementen Kupfer, Mangan und Aluminium besteht. In jüngster Zeit rücken Heusler-Verbindungen verstärkt in den Fokus der Forschung, da sie elektronische und magnetische Eigenschaften haben, die für Anwendungen der Thermoelektrik und Spintronik interessant sind. Am IFW Dresden beschäftigt sich eine Nachwuchsforschergruppe intensiv mit diesem Thema. Das hier beschriebene Verfahren, Heusler-Verbindungen in Kohlenstoffnanoröhren zu züchten, stellt eine echte Alternative dar, neue korrosionsbeständige Magnetmaterialien für verschiedene Anwendungen z.B. als Permanentmagnet oder für neue Formen von Elektronik herzustellen.