Polymerbeschichtungen aus dem Molekülbaukasten

KIT-Forscher entwickeln neuartiges Gel für biologische und medizinische Anwendungen

19.12.2013 - Deutschland

Polymerschichten mit maßgeschneiderten Eigenschaften und vielfältigen Funktionen herzustellen, ermöglicht ein neuartiges Verfahren, das Forscher des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) und der Jacobs University Bremen entwickelt haben: Aus einer auf einem Substrat aufgewachsenen metallorganischen Gerüstverbindung (SURMOF) entsteht ein stabiles poröses Gel (SURGEL) für biologische und medizinische Anwendungen. Die Wissenschaftler präsentieren das Verfahren im  „Journal of the American Chemical Society“.

Dr. Manuel Tsotsalas/IFG

Schematische Darstellung einer metallorganischen Gerüstverbindung (SURMOF; links), der Gerüstverbindung nach dem Quervernetzungsvorgang (Mitte) und nach dem Herauslösen der Kupferionen (rechts).

Das Beschichten von Festkörpern mit Polymeren spielt in vielen Bereichen der Technik-, Natur- und Lebenswissenschaften eine zentrale Rolle. So müssen Implantate für den menschlichen Körper, wie Herzschrittmacher, Stents oder Gelenkprothesen, mit geeigneten Biomaterialien beschichtet und anschließend mit medizinischen Wirkstoffen imprägniert werden, um das Einheilen zu beschleunigen und Entzündungen zu unterdrücken. Forscher am KIT haben nun ein völlig neuartiges Verfahren zur Herstellung eines Gels aus miteinander vernetzten organischen Bausteinen entwickelt. „Gegenüber konventionellen Polymerbeschichtungen zeichnet sich dieses Gel dadurch aus, dass die Porengröße der Schicht sich gezielt an einzubettende bioaktive Substanzen, beispielsweise pharmazeutische Wirkstoffe, anpassen lässt“, erklärt Professor Christof Wöll, Leiter des Instituts für Funktionelle Grenzflächen (IFG) des KIT.

Das von Forschern des IFG, des Instituts für Biologische Grenzflächen (IBG), des Instituts für Toxikologie und Genetik (ITG) und des Instituts für Organische Chemie (IOC) des KIT sowie der Jacobs University Bremen gemeinsam entwickelte Verfahren zur Herstellung des Gels besteht aus mehreren Schritten: Zunächst wird auf einem festen Substrat eine Schicht aus einer sogenannten metallorganischen Gerüstverbindung (MOF – Metal Organic Framework) aufgewachsen. In dieser SURMOF-Schicht (Surface Mounted Metal Organic Framework) lassen sich Größe und Form der Poren sowie deren chemische Funktionalität maßschneidern. Die SURMOF-Schicht selbst eignet sich allerdings nicht für den Einsatz in biologischen Umgebungen – aufgrund ihrer ausgeprägten Wasserempfindlichkeit würde sie rasch abgebaut werden. Außerdem enthält diese spezielle SURMOF-Variante Kupferionen, die eine für Lebewesen toxische Wirkung besitzen.

In einem zweiten Schritt werden daher die Molekülbausteine in dem SURMOF mit einem weiteren Molekül untereinander quervernetzt. Dabei wird ein besonders effizientes, als „Click-Chemie“ bezeichnetes Verfahren benutzt, das bereits bei Zimmertemperatur eine vollständige Umsetzung ermöglicht. Anschließend werden in einem dritten Schritt die Kupferionen aus dem Gerüst herausgelöst. Übrig bleiben miteinander vernetzte organische Bausteine, die ein poröses Polymer bilden. Dieses SURGEL bildet eine gleichmäßig dicke Schicht und verbindet die Vorteile des SURMOFs mit einer hohen Stabilität unter biologischen Bedingungen.

Das Potenzial für biologische und medizinische Anwendungen demonstrierten die Forscher durch Imprägnieren des SURGELs mit einem bioaktiven Molekül und anschließendem Besiedeln mit Mikroben. Das Verhalten dieser einfachen Zellen zeigte, dass die freigesetzten Botenmoleküle äußerst effizient aufgenommen wurden. „Diese neue Materialklasse eröffnet völlig neue Möglichkeiten für das Beeinflussen von Zellwachstum“, sagt Professor Martin Bastmeyer vom Zoologischen Institut des KIT, der zusammen mit Wöll das von der Helmholtz-Gemeinschaft am KIT geförderte Programm „BioGrenzflächen“ leitet.

Die Realisierung der neuartigen Polymerbeschichtung und die nachfolgende biologische Charakterisierung erforderten die interdisziplinäre Zusammenarbeit von Wissenschaftlern der organischen Chemie, Biologie und Physikalischen Chemie des KIT sowie Theoretikern der Jacobs University Bremen.

Originalveröffentlichung

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